Warum sind wir so verrückt nach Krimis?

Kein Tag ohne Krimi: Aber warum schalten Millionen Zuschauer regelmässig bei „Tatort“ und Co. ein? Eine Spurensuche.

Krimis soweit das Auge reicht: Das deutsche TV-Programm vor allem die Öffentlich-Rechtlichen überschwemmen uns geradezu mit Krimi-Formaten. Doch die Quoten geben ihnen Recht. Der „Tatort“ dominiert regelmässig den Sonntagabend. Und auch neue Formate finden immer wieder ihre Zuschauer. Doch woher kommt diese Faszination für Krimis?

„Grusel für begrenzte Zeit“

„Bei Krimis kann man sich sehr gut für eine begrenzte Zeit auf ein Verbrechen einlassen und weiss – bis auf wenige Ausnahmen – dass es gelöst wird. Der Spannungsbogen ist überschaubar: Grusel für begrenzte Zeit“, so die Einschätzung von Polizeireporter und TV-Journalist Christoph Hoffmann (34). Er moderierte in diesem Jahr bei RTL II die Sendung „Ungeklärte Fälle – Deine Hilfe zählt“, die sich mit realen Verbrechen beschäftigt.

„Tatort“-Kommissarin Anna Schudt (43) hat da eine etwas andere Theorie: „Unser Wohlstand und unser friedliches Leben erlauben es uns, so viele Krimis zu produzieren und zu schauen. Wenn das Leben unbequemer ist, der Schrecken vor der Haustür steht und Unsicherheit regiert, will der Mensch Heimatfilm mit Gesang sehen.“ Sie selbst stehe jedenfalls immer wieder gerne für Krimi-Formate vor der Kamera. „Es gibt in Krimis immer irgendwo Psychopathen, Mörder, Irre, Traurige und Verzweifelte. Das ist interessanter zu spielen, als die romantische Geliebte. Das war noch nie mein Fach“, so die Schauspielerin.

„Viel Drama und sehr viel Gefühle“

Ähnlich äusserte sich auch schon Katharina Böhm (53), die im ZDF mit „Die Chefin“ seit Jahren für gute Quoten sorgt. „Durch einen Krimi kann man sehr viel erzählen. Es stecken viel Drama und sehr viele Gefühle darin. Und was macht Kino aus? Grosse Gefühle. Also auch im Endeffekt gutes Fernsehen. Und ich glaube, deswegen wird wieder alles so schnell auf den Krimi gedreht.“

Max Simonischek (35) wünscht sich hingegen etwas mehr Abwechslung. Doch auch ihm ist natürlich bewusst: „Solange es eine Nachfrage für Krimis gibt, werden sie wohl weiterhin produziert. So funktioniert unser System nun mal.“ Der 35-Jährige war in diesem Jahr zum zweiten Mal als Kommissar Laim im ZDF auf Verbrecherjagd. „Ich wünsche mir durchaus mehr Mut zur Lücke und Experimentierfreude im Abendprogramm. Meinetwegen ruhig als Krimi getarnt. Meine Aufgabe als Schauspieler, als nun mal ziemlich unbedeutendes Rädchen in diesem Apparat, kann nur darin liegen, eine Figur zu erfinden, die man so noch nicht in deutschen Krimis gesehen hat, um damit Sehgewohnheiten zu unterlaufen.“ Keine Frage, mit „Kommissar Laim“ hat er das schon mal geschafft.

Es gibt Alternativen

Auch Anne Schäfer (38), die vor kurzem in der neuen Krimi-Reihe „Der Barcelona-Krimi“ im Ersten zu sehen war, wünscht sich mehr Mut für Neues. Ihr Appell an die Verantwortlichen: „Mutige Angebote machen, Vielfalt produzieren. Und wer keine Krimis zur Sendezeit mag, hat ja die Möglichkeit, sich in der Mediathek etwas anderes rauszusuchen…“

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