Musik vs. Revolte: Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec über die 68er

Das Jahr 1968 veränderte die Welt. Wie die Münchner „Tatort“-Stars Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec diese Zeit erlebten, erzählten sie bei der Auftaktveranstaltung zur Themenwoche „Die 68er. Ein Aufbruch und seine Folgen“.

Politisch, gesellschaftlich und kulturell brachten „Die 68er“ weltweit einen grossen Umbruch. 50 Jahre später blickt der Bayerische Rundfunk mit einer ausgedehnten Themenwoche unter dem Motto „Die 68er. Ein Aufbruch und seine Folgen“ (7. bis 17. April) auf diese Zeit zurück. Unter anderem zeigt der Sender den Kultfilm „Zur Sache Schätzchen“ (1967) mit Uschi Glas (74) in der Titelrolle, den US-Spielfilm „The Music Never Stopped“ (2011) mit Oscar-Gewinner J. K. Simmons (63, „Whiplash“) und die Doku „Bist du Beatles oder Stones?“ (2016) von Adolf-Grimme-Preisträger Wolfgang Ettlich (70).

Die Auftaktveranstaltung zur Themenwoche, bei der die Doku „Mythos 68: Ein wildes Jahr in Bayern“ (Ausstrahlung am 10. April) von Klaus Uhrig Premiere feierte, fand vor wenigen Tagen in den Schwabinger Institutionen „Drugstore“ und dem inzwischen darüber liegenden „Heppel und Ettlich“ statt. In der Doku wird die Geschichte eines der spannendsten Jahre des vergangenen Jahrhunderts erzählt. Das allerdings nicht mit altbekannten Bildern und Geschichten, sondern aus der erfrischenden Perspektive neuer Protagonisten und Zeitzeugen…

Udo Wachtveitl: „Ich liebe die Musik nach wie vor“

Zur Premierenveranstaltung geladen waren neben Münchens Ex-Oberbürgermeister Christian Ude (70), der damals als Redakteur exklusiv für die „Süddeutsche Zeitung“ von den Studentenprotesten berichtete, unter anderem auch die beiden Münchner „Tatort“-Stars Miroslav Nemec (63) und Udo Wachtveitl (59). „Es war eine gute Zusammenfassung. Einige Aspekte habe ich auch nicht mehr so präsent gehabt“, lobte Leitmayr-Darsteller Wachtveitl im Interview die Doku nach der Vorführung.

Besonders angetan war er auch von der musikalischen Untermalung: „Ich liebe die Musik nach wie vor. Man wünscht sich dann immer, die Stücke wären zu Ende gespielt worden, aber so lang kann der Film natürlich nicht sein. Das sind heute noch bestimmende Koordinaten in meinem Musikgeschmack“, so Wachtveitl, der 1968 erst zehn Jahre alt war.

Miroslav Nemec: „Ich bin im Sozialismus aufgewachsen“

Miroslav Nemec war damals schon 14 Jahre alt. „In der Zeit war ich noch auf der Schule, aber schon Rockmusiker“, erinnerte er sich. An den Diskussionen und Protesten sei er aber schon sehr interessiert gewesen. Durch seine persönliche Biografie hatte er jedoch eine etwas andere Einstellung zu den Revolten: „Ich bin im real existierenden Sozialismus aufgewachsen und mit 12 Jahren aus Jugoslawien nach Deutschland gekommen.“

Daher habe er ein bisschen anders geredet als „die Jugendlichen, die hier meist aus besseren Verhältnissen kamen, sich ein bisschen links orientierten, daheim aber alles gehabt hatten, was bei mir nicht der Fall war“.

Was ist geblieben von der Zeit?

„Die 68er. Ein Aufbruch und seine Folgen“, heisst die Themenwoche. Was sind denn die Folgen, was ist geblieben? „Viel“, sagte Wachtveitl. „Mit welcher Unaufgeregtheit es möglich war, dass eine Frau Bundeskanzlerin [Angela Merkel] wird oder dass wir einen bekennenden schwulen Aussenminister [Guido Westerwelle] hatten. Das sind Dinge, die in der Zeit, von der die Doku handelt, völlig undenkbar waren. Und jetzt viele Jahre später ist das alles völlig normal und kein Mensch regt sich mehr darüber auf“, führte er weiter aus.

Diese „Ideale von ernstgenommener Freiheit und Verantwortung vor der Geschichte“ könne man nach wie vor nur unterstreichen, so der Münchner Künstler. Über diejenigen, die sich in dieser Zeit radikalisiert haben, Stichwort RAF, sagte er dann aber auch: „Diese Tendenz gibt es immer, wenn man ein Ideal als solches zu erkennen vermag, dass man sich dann auf einen Pfad der Unbedingtheit begibt. Und dann wird’s furchtbar!“ Aber im Grossen und Ganzen könne kein vernünftiger Mensch gegen die Ideale dieser Zeit sein.

Dass die Premierenveranstaltung im „Drugstore“ stattfand, freute im Übrigen vor allem Batic-Darsteller Nemec, denn: „Ich wollte es mir mal wieder ansehen, weil ich mich hier 1970 mit meiner ersten Freundin getroffen habe“, schwärmte er.

Ein Wiedersehen mit Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec als Leitmayr und Batic gibt es im Frühjahr (frühestens Mitte Mai) mit dem „Tatort: Freies Land“ und im Herbst 2018 mit „KI“, so der Arbeitstitel.

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