Die sieben Leben des Ozzy Osbourne

Heute erscheint „Ordinary Man“, das neue Soloalbum von Ozzy Osbourne. Ein persönlicher Lichtblick nach all den gesundheitlichen Rückschlägen wie der kürzlich bekanntgegebenen Parkinson-Erkrankung. Dass der Mann aus Birmingham beachtliche Überlebenskünste besitzt, beweist sein lückenloser Lebenslauf.

Die Veröffentlichung von „Ordinary Man“ ist alles andere als selbstverständlich, wenn man bedenkt, was Ozzy Osbourne (71) im Laufe seines Lebens schon alles wegstecken musste. Einiges freiwillig, wie die unzähligen Alkohol- und Drogenexzesse, aber leider auch ein paar zwangsläufige Rückschläge, darunter die Diagnose Parkinson. Die Erkrankung machte Osbourne vor Kurzem öffentlich, Musik will er trotzdem – oder gerade deswegen – weiterhin spielen. Den Titel „Prince of Darkness“, den ihm die britische Presse einst verliehen hatte, kann der Mann aus Aston, Birmingham nicht ganz verneinen.

Mit Black Sabbath war er der Begründer des späteren Heavy Metal, es folgte eine Solokarriere mit Millionen verkaufter Tonträger. Auch die vielen Anekdoten, die sich über den 71-Jährigen angehäuft haben, sind legendär. Ozzy biss einer Fledermaus und zwei Tauben den Kopf ab, schnupfte Ameisen – kein Synonym für Kokain – mit Mötley Crüe auf Tour und versuchte beim sechsten Geburtstag seiner Tochter sturzbetrunken seine Frau Sharon zu erwürgen. Mit „Ordinary Man“, seinem ersten Studioalbum seit über zehn Jahren, zieht sich Ozzy Osbourne aus dem Loch der Finsternis und setzt ein eindeutiges Statement.

Als Ozzy Osbourne den Heavy Metal erfand

1969 geben Sänger Ozzy Osbourne, Gitarrist Tony Iommi (71), Bassist Geezer Butler (70) und Schlagzeuger Bill Ward (71) ihrer bereits bestehenden Band den Namen, auf den sich heutzutage wirklich jede Heavy-Metal-Band beruft. Als Black Sabbath begründet das Quartett ein Genre, das Jahre später als Heavy Metal bezeichnet werden sollte. Das selbstbetitelte Debütalbum und vor allem der Meilenstein „Paranoid“ gehören bis heute zu den einflussreichsten und wichtigsten Rockalben. Mit schweren Riffs und dunklen Themen prägen Black Sabbath den Hard Rock der 70er Jahre.

Mit der Gruppe erfindet Ozzy Osbourne zwar immerhin den Heavy Metal, wegen seiner anhaltenden Drogenprobleme schmeissen ihn seine Kollegen dann aber 1979 aus der Band. Auf private Probleme, wie Ozzys Heroinsucht und die Scheidung von seiner ersten Frau Thelma Riley, folgt 1982 die Ehe mit der Tochter des Black-Sabbath-Managers Don Arden, Sharon. Durch sie schafft es der Musiker wieder zurück in die Spur. Als seine persönliche Managerin und Muse verhilft Sharon Osbourne (67) ihrem Mann zu einer bemerkenswerten Solokarriere, zusammen mit Ausnahmegitarrist Randy Rhoads (1956-1982) spielt der Sänger gelungene Alben wie „Blizzard of Ozz“ ein und verkauft weltweit über 55 Millionen Tonträger.

Vom „Fürst der Finsternis“ zum „Alt-Rocker der Doku-Soap“

Nach der Jahrtausendwende bestimmt dann das Reality-TV Ozzy Osbournes Leben, als er sich und seine Familie für die Doku-Soap „The Osbournes“ auf MTV ausstellen lässt. Die Fernsehserie wird zum Mega-Hit, Ozzy jedoch vom „Fürst der Finsternis“ zum Trash-TV-Darsteller – der ehemalige Black-Sabbath-Frontmann ist nur noch eine Karikatur seiner selbst. In der Serie sieht die halbe Welt einen Mann gezeichnet vom Alkohol- und Drogenmissbrauch, der alles andere als bemüht ist, clean zu werden, wie man es damals darstellen wollte. „Als die Dreharbeiten vorbei waren, bin ich in meinen kleinen Bunker, habe eine Pipe geraucht und jeden Tag ungefähr einen Kasten Bier getrunken“, stellte Osbourne selbst später klar.

Doch auch aus diesem Loch kann sich der britische Musiker befreien, mit Black Sabbath kommt es 2013 sogar zu einer Reunion mitsamt neuem Album. Ihren endgültigen Abschied von den Fans beschliesst die Band dann 2016/17 mit der ausgedehnten „The End Tour“. Mittlerweile ist Ozzy Osbourne trocken, clean und Nichtraucher. Ausserdem hält er sich mit Sport fit, um möglichst viel Zeit mit seinen Enkeln zu verbringen.

Gesundheitlicher Tiefpunkt als musikalische Inspirationsquelle

Nichtsdestotrotz bekam sein Leben in den vergangenen Monaten alles andere als Aufwind, denn Ozzys Gesundheitszustand hat sich deutlich verschlechtert. Auf mehrere Krankenhausaufenthalte aufgrund einer Lungenentzündung und Staphylokokken-Infektion folgte ein schwerer Sturz in seinem Haus mit aufwendiger Operation an der Wirbelsäule im März 2019. Obendrein bekam Osbourne noch die erschütternde Diagnose Parkinson, wie er kürzlich zusammen mit Sharon in einem Interview bekanntgab. Die Nackenverletzung setzt ihm nach eigenen Angaben aber viel schwerer zu als die Parkinsonerkrankung, die für ihn nicht das grosse Problem sei.

Die OP an seinem Nacken zog Osbourne so schwer herunter, dass er zutiefst deprimiert um sein Musikerdasein bangte und Angst davor hatte, nie mehr richtig laufen zu können. Nachdem Ozzy Osbourne Anfang des Jahres von einigen Medien sogar für tot erklärt wurde, konterte er die geschmacklosen Gerüchte mit der Ankündigung eines neuen Albums. Von der anfänglichen Idee seiner Tochter zu einem gemeinsamen Song mit Rapper Post Malone (24), entwickelte sich dann der Gedanke zu einem ganzen Album durch Produzent Andrew Watt (29).

Durchaus überraschend ist Ozzy Osbourne mit „Ordinary Man“ noch einmal ein rundes Album gelungen. Das Kern-Line-up aus Guns-N‘-Roses-Bassist Duff McKagan (55) und Red-Hot-Chili-Peppers-Drummer Chad Smith (58) wird um Gastauftritte von unter anderem Elton John (72), Guns-N‘-Roses-Gitarrist Slash (54), Tom Morello (55) von Rage Against The Machine und Post Malone ergänzt. Ozzys Stimme ist quengelig, die Produktion von Watt satt, es gibt die gewohnt grossen Posen mit breitbeinigen Gitarren-Soli und Rockballaden mit sinfonischen Refrains.

„Ordinary Man“ als finales Goodbye?

Inhaltlich dreht sich auf „Ordinary Man“ viel um die Themen Tod und Trauer, ohne aber depressiv zu werden. Wie auch schon bei David Bowies Abschiedsprojekt „Blackstar“ textet Osbourne hier sehr autobiografisch, es scheint fast so, als würde er sich tatsächlich verabschieden wollen. Im Song „Goodbye“ singt er: „I’m sorry, I’m so sorry. I gave my life a try. Forgive me, I didn’t say goodbye.“ Gerade erst musste der Sänger die bereits mehrmals verschobenen Konzerte in Nordamerika erneut absagen, da bei Osbourne im April eine Parkinsonbehandlung in der Schweiz ansteht.

„Ich hasse es, wenn ich meinen Job nicht machen kann“ – ohne Zweifel, Ozzy will, aber seine gesundheitlichen Rückschläge kommen ihm immer wieder in die Quere. Die selbstironisch betitelte „No More Tours“-Tournee, die einfach nicht zu Ende gehen will, gerät da fast zu einem schlechten Scherz. „Don’t know why I’m still alive / Yes, the truth is I don’t wanna die an ordinary man“, fragt sich Ozzy im Titelsong der neuen Platte und da lässt sich eines ganz sicher sagen: Ozzy Osbourne ist verdammt vieles, aber definitiv nicht gewöhnlich.

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