„Tatort“-Star Fabian Hinrichs: Grosse Liebe per Online-Dating?

Im „Tatort: Die Nacht gehört dir“ ging es unter anderem um Online-Dating. Was Schauspieler Fabian Hinrichs von der Liebessuche im Netz hält, erklärt er im Interview.

Schauspieler Fabian Hinrichs (geb. 1974) interessiert sich privat unter anderem für Philosophie. „Das stimmt, ich studiere Philosophie, als endloses Hobby gewissermassen“, bestätigt der Kommissar-Voss-Darsteller lachend im Interview zum aktuellen „Tatort: Die Nacht gehört dir“ (1. März, das Erste). Warum er in diesem Krimi „den Dating-Portal-Aspekt“ aus philosophischer Sicht „am drängendsten“ findet und warum er erhebliche Zweifel am Suchen und Finden der grossen Liebe mithilfe dieses Instruments hat, erklärt er der Nachrichtenagentur spot on news.

Was inspirierte Sie bei diesem Franken-„Tatort“ zum Nachdenken?

Fabian Hinrichs: Im „Tatort“ finde ich eigentlich diesen Dating-Portal-Aspekt am drängendsten, weil die Einsamkeit in den Städten sehr gross ist. Und aufgrund der Marktförmigkeit jeglicher Daseinsform zersplittern natürlich auch die sozialen Beziehungen und deswegen wenden sich die Leute dann auch an solche Portale, die dann aber wiederum auch marktförmig sind.

Das heisst, Sie glauben nicht daran, dass man auf solchen Portalen die grosse Liebe finden kann?

Hinrichs: Ich glaube nicht daran, dass die grosse Liebe durch einen Algorithmus bestimmt werden kann. Auf solchen Dating-Portalen wird die Liebe eher wie in einem Supermarkt zusammengesucht. Dadurch fehlt dann der Gründungsmythos der Liebe, also dass man sich zufällig trifft und diesen Zufall festhält. Auf den Portalen ist es ja das Gegenteil von Zufall.

Welche Gefahren sehen Sie bei der Online-Partnersuche noch?

Hinrichs: Ich glaube, dass sich viele grosse Lieben auf diese Weise vielleicht gar nicht gefunden hätten, weil sie sich schon vorher weggestrichen hätten, nachdem irgendwelche Kriterien nicht gepasst haben. Ob zum Beispiel die Plattensammlung passt, man dieselben Bücher liest oder dieselben Filme gut findet, hat ja aber nicht unbedingt etwas mit Liebe zu tun. Diese Durchtränkung des gesamten Lebens unter wirtschaftlich-rationalen und effizienten Aspekten, deprimiert mich.

Für Dating-Portale spricht allerdings, dass manche sich sonst vielleicht gar nicht über den Weg gelaufen wären, weil sie in unterschiedlichen Städten leben, unterschiedlichen Branchen arbeiten etc. Beim ersten Live-Treffen ist dann ja alles genauso offen wie bei einem Zufallstreffen…

Hinrichs: Ja, das mag schon vorkommen, aber ich glaube, dass es dann wahrscheinlich eher ein „Obwohl“ ist, also: Obwohl die beiden sich über ein Portal kennengelernt haben, entsteht Intimität, Leidenschaft, Verbindlichkeit, also Liebe. Ich will diesen Versuch, Einsamkeit zu überwinden, nicht diffamieren, keinesfalls, vielleicht würde ich auch diesen Weg versuchen, wenn ich einsam wäre, hilflos und ratlos. Was mich aber daran stört, ist die Kapitalisierung von Persönlichkeitsmerkmalen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Herangehensweise an das Thema Liebe und Partnerschaft nicht auch dazu führt, dass man sich immer noch mehr verbessern möchte, aussengeleitet. Viele suchen in solchen Portalen ja auch das Bestmögliche im Sinne von: Die ist lustig, aber vielleicht finde ich ja noch jemanden, der lustig ist und reich… oder was weiss ich.

Die grosse Kunst ist wohl auch, aufzuhören, wenn man jemanden getroffen hat, der einen wirklich interessiert. Demjenigen sollte man dann eine reale Chance geben…

Hinrichs: Ja genau. Mein Verdacht ist aber, dass viele das nicht machen. Ausserdem kann ich mir auch gut vorstellen, dass es nach einer längeren Partnerschaftsphase verlockend ist, mal wieder auf das Portal zu schauen. Denn in jeder Partnerschaft gibt es ja solche und solche Phasen. Das erinnert mich dann aber an eine Hose, die schon so ein bisschen schlabbert oder nicht mehr so richtig sitzt und deshalb entsorgt wird. Wie eine Ware eben. Davon bin ich überhaupt kein Freund.

Ein Kontrast zum Online-Dating ist im Krimi die zarte Liebesgeschichte von Felix Voss und der jungen Marktfrau, die sich im realen Leben zufällig treffen…

Hinrichs: Es ist eine konkrete Begegnung und keine abstrakte oder virtuelle, die dann vielleicht zur konkreten wird. Es ist eine Begegnung, die in der Welt stattfindet, und dadurch überhaupt auch erst eine Begegnung ist.

Wird sich daraus mehr entwickeln?

Hinrichs: Ich bin gespannt, ob und wie sich das weiterentwickelt. Das ist aber noch in der Schwebe…

Wie würde es Ihnen als Schauspieler gefallen, wenn sich daraus mehr für Felix Voss ergeben würde?

Hinrichs: Dagmar [Manzel] und ich versuchen immer, die Persönlichkeiten der Figuren sichtbar zu machen. Wie reagieren unsere Figuren auf den Kriminalfall, auf die Menschen oder unter Stress? Es geht uns nicht unbedingt um das Private. Da würde ich einen Unterschied machen. Private Geschichten nutzen sich doch recht schnell ab – da spreche ich auch als Zuschauer. Da muss man beim „Tatort“ ein bisschen aufpassen. Nicht dass der Handlungsstrang dann wie ein schwerer Mühlstein wird, der einem am Bein hängt, weil er immer bedient werden muss.

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