„Suicide Tourist“: Optisch wunderschöner Thriller mit zähem Plot

Nikolaj Coster-Waldau meldet sich mit „Suicide Tourist“ auf der Leinwand zurück. Der Mysterythriller ist ein optischer Leckerbissen, kämpft erzählerisch aber mit Problemen.

Abseits von Westeros hat Nikolaj Coster-Waldau (49) anscheinend eine Vorliebe für Figuren mit fragwürdigen Bart-Entscheidungen. Wie schon im Krimithriller „Shot Caller“ verbirgt sich der adrette Königsmörder auch in seinem neuesten Film „Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen“ hinter einem buschigen, wenn auch nicht ganz so prolligen Schnauzer. Mit Ausnahme der Gesichtsbehaarung von Hauptfigur Max ist der Film von Coster-Waldaus dänischem Landsmann Jonas Alexander Arnby eine optische Wucht geworden, die jedoch nicht über erzählerische Mängel hinwegtäuschen kann.

Der letzte Ausweg – darum geht es

Versicherungsagent Max (Coster-Waldau) bringt es einfach nicht übers Herz, es seiner Frau zu sagen. Wie klärt man einen geliebten Menschen darüber auf, sterbenskrank zu sein und nur noch den Selbstmord als Ausweg vor den bevorstehenden Qualen zu sehen? Nach mehreren gescheiterten Versuchen, sich das Leben zu nehmen, erscheint der Auftrag seiner Kundin Alice (Sonja Richter) wie ein Wink des Schicksals. Er soll den Fall ihres verschwundenen Mannes aufklären, der sich in das „Aurora Hotel“ in Belgien begeben hat – einer dubiosen Einrichtung, die sich auf aktive Sterbehilfe spezialisiert hat.

Bald schon findet sich Max selbst als Patient im „Aurora Hotel“ wieder und hinterfragt immer mehr seine Wahrnehmung der Realität. Zunehmend wächst in ihm ausserdem der Wunsch, dort doch nicht seinen Tod zu finden. Es gibt nur ein Problem: „Wenn Sie den Vertrag unterschrieben haben, kann Ihre Entscheidung weder rückgängig gemacht noch verschoben werden.“

Ein wichtiges Thema in Thriller-Verpackung

Die Inhaltsangabe mag das Bild eines hochgradig deprimierenden Films zeichnen und ein Stück weit trifft dies sicherlich auf „Suicide Tourist“ zu. Allerdings rückt Regisseur Arnby die wichtige Frage nach der moralischen und ethischen Rechtfertigung von Sterbehilfe zugunsten eines Thriller-Plots in den Hintergrund. Eine interessante Mischung, die leider ausgerechnet bei einem der Selbstmordversuche der Hauptfigur tonal komplett danebengreift und in einem ansonsten ernsten Film unangebrachten Humor erzwingt. Eine krasse Fehlentscheidung.

„Suicide Tourist“ hat drei Erzählebenen, die ineinander überlappen. Die Beziehung mit seiner Ehefrau (Tuva Novotny), seine Recherchen bezüglich des verschwundenen Mannes und sein Aufenthalt im „Aurora Hotel“. Beim Setting der mysteriösen Einrichtung fallen sogleich zwei Referenzfilme ein: Gore Verbinskis „A Cure For Wellness“ mit Dane DeHaan und ein Stück weit auch Martin Scorseses „Shutter Island“ mit Leonardo DiCaprio. Speziell mit letzterem Film kann sich „Suicide Tourist“ erzählerisch jedoch nicht messen.

Sehr wohl aber optisch. Was Arnby in Zusammenarbeit mit seinem Kameramann Niels Thastum („Borg/McEnroe“) auf die Leinwand zaubert, die Gefühle, die sie mit ihren Bildern im Zuschauer wecken – das ist schon grosses Kino. Derartige Ambitionen hätte man sich auch beim Plot erhofft. Doch der braucht erst viel zu lang, um in Fahrt zu kommen und wirkt im Finale wiederum überhastet. Und so wird man spätestens beim Abspann das Gefühl nicht los, dass hier viel Potenzial verschenkt wurde.

Fazit:

Die visuelle Raffinesse von „Suicide Tourist – Es gibt kein Entkommen“ steht im Ungleichgewicht mit der Qualität des Inhalts. Das umstrittene Thema der Sterbehilfe in einen Mysterythriller zu verpacken, ist eine interessante Idee, die beim Film von Jonas Alexander Arnby aber nicht zu Ende gedacht wirkt. Sehenswert ist der Film aber dennoch – neben der Optik auch wegen Hauptdarsteller Coster-Waldau. Der beweist abseits seiner „Game of Thrones“-Karriere erneut, ein facettenreicher Schauspieler zu sein.

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