„Es war herrlich, sich von Gaby Dohm demütigen zu lassen“

Quelle: BR/die film gmbh/Hendrik Heiden

In „Tanze Tango mit mir“ spielen Michael A. Grimm und Gaby Dohm einen bemitleidenswerten Familienvater und dessen gehässige Schwiegermutter. Wie es hinter den Kulissen war, verrät er im Interview.

In der Tragikomödie „Tanze Tango mit mir“ (10.3., 20:15 Uhr, das Erste) spielen Michael A. Grimm (50, „Der Beischläfer“) und Gaby Dohm (77, „Das Kindermädchen: Mission Kanada“) ein herrlich ungleiches Schwiegersohn-Schwiegermutter-Gespann, bei dem Ingrid (Dohm) keine Gelegenheit auslässt, den beruflich erfolglosen und nicht ganz gesunden Mann ihrer Tochter (Eva Meckbach, 40) zu schikanieren. Als Frank (Grimm) durch Zufall den Tango für sich entdeckt, nimmt das Schicksal seinen Lauf…

Wie sich die beiden Schauspieler hinter den Kulissen verstanden haben, verrät Michael A. Grimm im Interview mit spot on news. Dabei erzählt er auch, wie seine eigene Familie mit der Filmfamilie zu einer Grossfamilie verschmolz, damit das Projekt in Corona-Zeiten überhaupt durchführbar war. Ausserdem konkretisiert er die leidenschaftliche Entwicklungsgeschichte des Argentinien-Tangos, die im Film kurz angerissen wird.

Wie steht es um Ihre Tango-Künste? Mussten Sie gedoubelt werden?

Michael A. Grimm: Ich durfte in den vier Wochen vor Drehbeginn und während der Dreharbeiten sehr viel Tango tanzen. Fast jeden Tag habe ich im Schnitt 6,5 Stunden trainiert. Auf diese Weise konnte ich meine äusserst rudimentären Kenntnisse von der Schauspielschule deutlich ausbauen, bis hin zu einem ganz passablen Tänzer. Ich musste also nicht gedoubelt werden. Corona verhindert jetzt leider, dass ich weiter tanze. Dafür brauchen wir erst mal wieder Tanzveranstaltungen.

Sie machen privat Aikido, eine fernöstliche Kampfkunst. Hat das bei diesem Film geholfen?

Grimm: Bei Aikido lernt man sehr gut, sich zu bewegen. Selbst ein Mann mit meiner Plauze lernt damit halbwegs, mit seinem Körper umgehen zu können: Wo ist der Schwerpunkt? Wie bewegt man sich? Das war dieser Rolle sicher nicht abträglich. Man tut sich schon leichter, wenn man den Umgang mit dem eigenen Körper gewohnt ist.

Die Tangolehrerin im Film erzählt eine Geschichte zu den Anfängen dieses Tanzes. Demnach hätten in argentinischen Städten unter anderem Männer miteinander Tango getanzt – und wer besser war, durfte zur Prostituierten. Stimmt das?

Grimm: Ja, das stimmt. Es war einer der Aspekte in der Entstehungsgeschichte des Tango Argentino. Ende des 19. Jahrhunderts waren viele europäische Gastarbeiter in Argentinien. Das Land war reich an Bodenschätzen, es gab viel Landwirtschaft, Viehzucht und so weiter, Europa und Afrika waren arm. Auf diese Weise hatte die Hauptstadt Buenos Aires einen Überschuss von vielen Tausenden Männern, die miteinander geübt haben, um bei den wenigen jungen Frauen zu landen.

Es wird erzählt, dass auch die Prostituierten sich die besten Tänzer ausgesucht hätten, die sich eben am besten bewegen konnten. Und so haben sie die Männer miteinander tanzen lassen. Man spricht auch heute noch nicht davon, dass einer die Frau und einer der Mann bei diesem Tanz ist, sondern vom Führenden und Folgenden. Natürlich haben aber auch Männer mit Frauen getanzt.

In „Tanze Tango mit mir“ spielen Sie zusammen mit Gaby Dohm. Sie ist Ihre Filmschwiegermutter und eher ein Schwiegermonster. Wie war es hinter den Kulissen am Set?

Grimm: Ich liebe die Gaby und die Gaby liebt mich. Und es war herrlich, sich von ihr demütigen zu lassen. Sie ist wirklich eine herrliche Frau, eine brillante Kollegin und eine liebenswerte Zeitgenossin. Es war unser erster gemeinsamer Dreh. Wir waren zwar mal im selben Film, aber so richtig miteinander gespielt haben wir vorher noch nicht. Umso schöner war diese Premiere. Bei diesem Film haben aber auch alle anderen sehr an einem Strang gezogen. Es war wirklich rundum harmonisch.

Der Film wurde in Corona-Zeiten gedreht. Was waren die grössten Unterschiede für Sie als Schauspieler?

Grimm: Ich habe im vergangenen Jahr glücklicherweise viel gedreht. Ende April war ich sogar bei einer der ersten Produktionen dabei. Daher kann ich sagen, dass die Unterschiede variieren. Es kommt auf die Inzidenzzahl an, auf das Projekt und auf die Massnahmen der Produktion. Das reicht von: „Es ist kaum spielbar“, wenn man beispielsweise ein Ehepaar mimen soll, das sich dann aber nicht anfassen darf. Oder man soll eine Reise unternehmen, darf aber nicht zusammen im Auto sitzen. Das ist natürlich schwierig.

Es gibt aber auch Produktionen, bei denen fast wie in normalen Zeiten gedreht wird. Wirklich sicher ist man dabei ansteckungstechnisch natürlich nicht. Innerhalb dieses Spektrums habe ich im vergangenen Jahr alles erlebt.

Wie war es bei diesem Film?

Grimm: Es war von Anfang an klar, dass wir diesen Film nur mit grosser körperlicher Nähe drehen können. Es gibt Formate, bei denen Abstandhalten leichter fällt, für diesen Film war das aber undenkbar. Es gibt Tanzszenen und Szenen mit der Familie, in denen man sich nahe ist, körperlich nahekommt, die Aerosole austauscht. Daher wurde viel getestet und dann möglichst isoliert gelebt.

Denn ich kann ja nicht eng umschlungen mit Frauen oder Männern tanzen, meine Filmfrau küssen, mich mit ihr streiten, mit meiner Filmtochter an derselben Zigarette ziehen oder mit Gaby Dohm einen Drehtag lang in einem kleinen Auto sitzen, wenn nicht alle negativ getestet sind. Wir haben im Juli gedreht, also in einer sehr guten Zeit, in der der Inzidenzwert am Boden und alles verträglich war. Wir waren eine überschaubare Anzahl von negativ getesteten Menschen, die sich sehr nahekamen und einen Quasi-Hausstand bildeten. Abseits des Sets durften wir halt nicht viel leben.

Haben Sie in der Drehzeit Ihre Familie gesehen?

Grimm: Meine beiden erwachsenen Kinder habe ich nicht gesehen, meine Frau und meine kleine Tochter schon. Die beiden waren de facto mit in das Kollegenteam integriert und ebenfalls getestet. Man kann sagen, meine Filmfamilie und meine echte Familie bildeten sowas wie eine Grossfamilie. Auf diese Weise konnte ich arbeiten und meine Familie damit nicht nur ernähren, sondern war ihnen auch nah. Dafür bin ich sehr dankbar und froh.

Mein grosses Mitgefühl gilt allen Kollegen, die das gerade nicht können. Wenn man beispielsweise Theater spielt und in keinem festen Ensemble ist, wo man wenigstens ein festes Geld bekommt, dann ist es gerade schon sehr düster…

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