Bernhard Aichners: «Wir alle können jederzeit zu Mördern werden»

Bernhard Aichners denkt er sich ganz gerne in kaltblütige Mörder hinein. Jetzt ist sein neuer Roman da. Und der ist nichts für schwache Nerven.

In Bernhard Aichners (46) neuem Roman „Bösland“ (btb Verlag) mordet ein 13-Jähriger. Ein Albtraum brachte den österreichischen Bestsellerautor auf die Idee, wie er verriet: „Ich bin vor zwei Jahren mitten in der Nacht aufgewacht. Schweissgebadet, ich hatte fürchterlich geträumt. Es war eine wahnsinnige Geschichte, in der ein kleiner Junge seine Freundin erschlägt, alles war ganz plastisch. Es war wie ein Film, der vor mir ablief. Ich bin aufgestanden und habe mir alles aufgeschrieben, aus Angst, es wieder zu vergessen. Am Morgen habe ich es mir durchgelesen, was ich da notiert hatte. Und war immer noch berauscht von der Story. Ich habe meine Verlegerin angerufen, ihr davon erzählt. Auch sie hatte sofort Feuer gefangen und gesagt: ‚Schreib dieses Buch, bitte!‘ Und das habe ich dann mit Freude getan.“

Die Beziehung zweier Jungs beziehungsweise Männer steht im Mittelpunkt der neuen Geschichte: „In diesem Buch geht es um Mord unter Kindern. Um psychische Störungen, um die Sehnsucht nach Liebe und einmal mehr um Rache“, erklärt der Autor. „So offensichtlich die Zerrüttung in der Familie des Bauernjungen Ben ist, umso klarer tritt sie auch in der Familie des Arztsohnes auf. Geld und Ansehen schützen leider niemanden vor Einsamkeit, Lieblosigkeit und Isolation. Ich habe die Geschichte zweier vernachlässigter Kinder geschrieben. Ich habe ihre Lebenswege nachgezeichnet, sie nach 30 Jahren wieder zueinander geführt und die Situation eskalieren lassen. Das war alles sehr aufregend für mich beim Schreiben. So, als wäre ich selbst dabei gewesen.“

„Wir sind alle nicht nur gut“

Und wie ist es, sich als Autor in einen kaltblütigen Mörder hineinzudenken? „Ich mag das sehr“, sagt Aichner. „Motiviert ist das alles von der Erkenntnis, dass wir alle nicht nur gut sind, sondern dass wir auch eine dunkle Seite in uns haben. Früher dachte ich immer, dass ich niemals zu einem Mord fähig sein könnte, heute weiss ich, dass das nicht stimmt. Wir alle können jederzeit zu Mördern werden. Das fasziniert. Ich denke tatsächlich, dass jeder seine Dämonen in sich trägt, dass das Böse in uns allen lauert…“

In einem „Zeit“-Artikel wurde Aichner einmal als „so etwas wie die Helene Fischer unter den Bestsellerautoren“ bezeichnet. „Ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut. Und kann mit solchen Vergleichen wunderbar leben“, meint der 46-Jährige dazu. „Der Autor des Artikels wollte mich wohl damit treffen, in Wahrheit hat er mich aber inspiriert. Seit dem Erscheinen des Artikels singe ich bei meinen Lesungen immer einen selbst komponierten Schlager. Das macht grossen Spass. Nicht nur mir, sondern auch meinen Fans.“

So steht es um die „Totenfrau“-Serie

Aichners „Totenfrau-Trilogie“ war international ein riesiger Erfolg. Der US-Kabelsender Lifetime hatte angekündigt, Teil eins als Serie zu verfilmen. „Die Filmindustrie ist ein grosses Mysterium“, erklärt der Schöpfer der Bücher heute: „Seit drei Jahren warte ich darauf, dass endlich gedreht wird, aber es dauert. Sender steigen ein, steigen wieder aus, mal wird hypothetisch in Kanada gedreht, mal in Colorado, dann plötzlich in Kitzbühel. Geduld und Gelassenheit sind gefragt. Ich bin in den Prozess nicht eingebunden, lese nur immer wieder Drehbücher und drücke die Daumen.“

Im Gegensatz zu diesem TV-Projekt gibt es bereits Konkretes zum nächsten Buch: „Es wird wieder ein Thriller, ein Stand-Alone“, verrät Aichner. „Die Story ist spektakulär, die Heldin eine Wucht. Ich liebe dieses Buch jetzt schon. Genauso wie ich meinen Beruf liebe. Es gibt neben der Liebe nichts Schöneres für mich. Deshalb bin ich dankbar und verneige mich vor meinen Leserinnen und Lesern.“

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