George R.R. Martins „Feuer und Blut“: Geschichtsunterricht mit Drachen

Das neue Buch von George R.R. Martin ist endlich da. Die Wartezeit auf „Winds of Winter“ verkürzt „Feuer und Blut“ aber nur bedingt.

Seit 20. November ist es da, George R.R. Martins (70) neues literarisches Werk. „Feuer und Blut 1 – Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros“ ist vielleicht nicht das Buch, das die Fans unbedingt wollten – aber es ist das Buch, das sie nun bekommen. Und damit auf 900 Seiten die Vorgeschichte zu den Herrschern der Drachen, die rund 300 Jahre lang den Eisernen Thron von Westeros halten sollten. Ehe Robert Baratheon den „irren König“ stürzt, sich selbst zum Herrscher ernennt und damit jene Geschichte beginnt, die Millionen TV-Zuschauer seither von „Game of Thrones“ kennen und lieben. Eines vorweg: Eine Pflichtlektüre ist „Feuer und Blut“ nicht geworden.

Hefte weg, Klassenarbeit

Das Buch handelt „von der Eroberung der Sieben Königslande und der Unterwerfung unter die Herrschaft der Targaryens, bis hin zum Tanz der Drachen: dem Bürgerkrieg innerhalb des Hauses Targaryen, der ihre Dynastie beinahe für immer ausgelöscht hätte.“ Wer sich „Feuer und Blut“ anschafft, muss sich in erster Linie auf viel Geschichte im Sachbuch-Gewand einstellen, schliesslich wurde es von Martin ohne Umschweife auch als Historienbuch konzipiert. Wer schon von all den Daten und Namen von „Das Lied von Eis und Feuer“ erschlagen wurde, für den wird „Feuer und Blut“ kein Pageturner.

Mitunter fühlt sich das Buch so an, als würden die Maester höchstpersönlich damit tausenden Kindern auf den Schulbänken Westeros‘ die Geschichte der Targaryens einbläuen. Etwa mit ganzen Passagen, die sich wie folgt lesen: „Nördlich des Schwarzwassers beherrschte Harren der Schwarze aus dem Hause Hoffartt, der König der Inseln und Flüsse, die Flusslande mit blutiger Hand. Harrens Grossvater Harwyn Harthand, ein Eisenmann, hatte den Trident Argilacs Grossvater Arrec abgenommen, dessen Ahnen Jahrhunderte zuvor den letzten Flusskönig niedergeworfen hatten.“

Stoff für 20 Staffeln

Was einerseits überfordern kann, muss andererseits auch bewundert werden. Martin verleiht der fiktiven Geschichte der Targaryens mit so viel Akribie einen Detailgrad, der sich nur mit J.R.R. Tolkiens „Der Herr der Ringe“, mehr aber noch mit seinem dazugehörigen Hintergrundstück „Das Silmarillion“ vergleichen lässt. Das ist in der recht sachlich vorgetragenen Erzählweise des neuen Buchs zwar keine leichte Kost, bietet aber ungemein viel Potenzial.

Allein mit dem ersten der beiden Bände von „Feuer und Blut“ liesse sich ein „Game of Thrones“-Spin-off mit zehn Staffeln, viel Drama und noch mehr Tod inszenieren. Ein Umstand, den man im Hause HBO sicher nicht bedauert. Fünf Ableger-Serien sollen sich schon in der Planung befinden, zwei davon werden angeblich auf „Feuer und Blut“ basieren.

Wartezeit gerechtfertigt?

Dass nicht zuletzt wegen diesem Nebenprojekt die Hauptgeschichte durch „Winds of Winter“ erst 2019 weitererzählt wird, ist für Martins ohnehin leidgeplagte Leserschaft wohl schwer zu verstehen. Einst meinte der Autor noch, „Winds of Winter“ würde ziemlich sicher 2017 erscheinen. Nun könnten Serienfans unter Umständen das Ende der Saga erfahren, bevor Buchleser überhaupt mitbekommen, dass Jon Schnee gar nicht tot ist. Immerhin wird die finale Staffel der TV-Produktion im April 2019 erscheinen.

Sehr viel mehr als eine wunderschön illustrierte, 900 Seiten starke Begleitlektüre ist „Feuer und Blut“ also nicht geworden. Wer auf die Ahnenforschung des Hauses Targaryen Lust hat, wird aber einige Zusammenhänge der Hauptreihe besser nachvollziehen können. Ein gleichwertiger Ersatz ist es aber nicht geworden und fällt zudem ein gutes Stück sperriger aus. Und das will schon was heissen.

Vorheriger ArtikelRomantische Zeremonie im Garten: Mandy Moore hat geheiratet
Nächster Artikel„Let’s Dance“ geht auf Tour: Aber was ist mit Victoria Swarovski?