Moses Wolff: Ein Münchner Autor wie aus dem Bilderbuch

„Ich schreib gern vormittags und leicht verkatert“, sagt Moses Wolff. Was dabei herauskommt? Zum Beispiel sein neuer Krimi „Monaco Infernale“ über einen Todesfall in der Poetry-Slam-Szene. Im Interview zum Buch verrät der Münchner Künstler auch, ob seine Post wieder ins Wiesn-Festzelt gebracht wird.

Monacos Multitalent: Er ist Drehbuchautor („Highway to Hellas“), Autor („Der Wildbach Toni: Ein Bergroman“), Schauspieler („Marias letzte Reise“), Regisseur („Rasputin von Moses Wolff“), Lesebühnen-Veranstalter („Schwabinger Schaumschläger“) und -Teilnehmer. Zuletzt performte Moses Wolff (47) bei der 1. Puchheimer Lesebühne, die am Wochenende in der Möbelschreinerei von Herbert Jund stattfand und von dem anderen Münchner Autoren-Original, Volker Keidel (*1969), organisiert wurde.

Nach der gehaltvollen Veranstaltung – Wort-Kunst, Musik, Hot Dogs und Bier – erklärte Moses Wolff der Redaktion noch ein paar Details zu seinem neuen Krimi „Monaco Infernale“, der am 2. Mai erschienen ist, und verriet dabei auch einige Feinheiten aus seinem Leben als Künstler und Wiesn-Fan in München.

In „Monaco Infernale“ ermittelt wieder der Detektiv Hans Josef Strauss. Was für ein Typ ist er?

Moses Wolff: Detektiv Hans Josef Strauss ist um die 50, gebürtiger Westfale und lebt seit knapp 30 Jahren in Bayern. Am liebsten wäre er ein richtiger Bayer, nur leider kann er diesen Dialekt weder sprechen noch imitieren. Jeder merkt sofort, dass er nicht von hier ist. Zudem bringen seine Freunde ihm die bayerischen Begriffe aus reiner Lust am Schmarrn regelmässig absichtlich falsch bei. Ansonsten ist er aber ein Glückskind: Er bekommt immer gute Fälle anvertraut, lernt regelmässig coole Burschen und attraktive, entspannte und nette Frauen kennen, mit denen manchmal sogar was läuft. Er selbst hält sich – teils begründet – für einen unfassbar genialen Detektiv und löst die Fälle regelmässig mit entwaffnend unkonventionellen Arbeitsmethoden, die manchmal an sein Vorbild „Columbo“ erinnern sollen, eine Serie [1968-2003], die ich selbst über alles liebe.

Klingt nach einer gewissen Grundharmonie…

Wolff: Genau. Das gilt auch für mein eigenes Leben, meinen Lebensstil, meinen Freundeskreis, meiner Art zu schreiben. Ich liebe es, wenn in allen Situationen des Daseins ein gewisser Übermut und diese unbeschwerte Fröhlichkeit existieren – und das geschieht eigentlich in allem, was ich mache, das können viele mir nahe stehenden Menschen glaube ich bestätigen. Und diese heitere Gelassenheit übertrage ich natürlich auf meine Figuren in meinen Werken. Wenn der Hans Josef Strauss mal eine Nacht durchgetrunken hat, ist er trotzdem am nächsten Morgen als erster wach und begrüsst den Tag. Alles ist glaube ich eine Frage der inneren Einstellung. Auch ich arbeite wahnsinnig viel und bin sehr fleissig, trotzdem gebe ich meiner Freizeit viel Raum. Ich habe einige sehr grossartige Freunde, meine Eltern sind mir auch sehr wichtig. Das ist das eigentliche, was zählt. Natürlich unter dem Vorbehalt, dass ich meine Kunst machen kann. Ausserdem fahre ich gern weg, nach Griechenland oder in andere Städte; in Berlin bin ich gern, die Stadt ist toll.

Wo lebt es sich als Künstler besser, in München oder Berlin?

Wolff: Solche Fragen stelle ich mir eher nicht. Vergleiche zwischen irgendwelchen Städten möchte ich übrigens nirgends, zu keiner Zeit und mit keinem Gesprächspartner führen. Jede Stadt hat ihre Reize und Schwächen. Städtevergleiche sind Koketterie und bringen einen vom Eigentlichen weg. Ich füge lieber zusammen als zu vergleichen. München und Berlin haben viele Parallelen. In beiden Städten gibt es fast nur Cooles. Das ist vielleicht ein bisschen wie mit einer guten Band oder einem Theaterensemble, das einfach funktioniert. Diese Einstellung sorgt für eine entspannte Arbeitsweise. Auch wenn ich Regie führe am Theater oder beim Film, ist mir Harmonie wichtig. Und das funktioniert auch immer, obwohl viele vom Regisseur eher Strenge erwarten. Mir ist aber wichtiger, dass sich die Schauspieler fallen lassen und auch aus sich heraus Sachen entwickeln. Genau das passiert auch mit den Figuren in meinen Büchern. Die entwickeln sich auch ganz von selbst weiter und ich lasse sie dann einfach laufen.

Wie schwierig ist es für Sie, allein daheim zu sitzen und zu schreiben?

Wolff: Das ist nicht schwer. Ich schreib gern vormittags und auch gern leicht verkatert. Ich brauch aber meine Ruhezeiten und schlafe gern. Wenn ich mit Freunden weggehe, ist es oft so, dass ich ganz früh heimgehe. Ich geh zwar noch mit in die Bar, aber halt nicht jedes Mal bis zum Schluss. Ich habe meinen Rhythmus gefunden und würde mir wünschen, dass mein Leben einfach so wunderschön bleiben soll wie es ist.

Warum spielt denn in „Monaco Infernale“ ein Dackel mit?

Wolff: Hunde mag ich gern. In den Hans-Josef-Strauss-Krimis spielen sie immer eine Rolle. Der Detektiv bekommt jedes Mal einen aufs Auge gedrückt, mit dessen Charakter er dann zurechtkommen muss. Im ersten Fall war es ein Mops, jetzt ist es ein Dackel. Dackel sind total neugierige und nette Hunde. Ich habe noch nie einen unsympathischen Dackel kennengelernt. Die sind auch nicht arrogant. Sie passen einfach gut zur bayerischen Mentalität. In diesem Buch hat der griechische Nachbar einen bayerischen Hund, mit dem der westfälische Detektiv zurechtkommen muss.

Es geht um einen Todesfall in der Poetry-Slam-Szene. Wie gross ist denn da der Druck wirklich? Hat man da ab und an Mordgelüste?

Wolff: Bei einem Poetry Slam geht es halt überwiegend um Wettbewerb und das Gewinnen. Es ist eine Mischung aus Kunst und Sport. Das hat seinen Reiz, unterscheidet sich aber deutlich von den wirklich künstlerischen Abenden ohne Konkurrenzdruck, wie ich sie veranstalte, und bei denen es nur darum geht, ein tolles Programm für das Publikum hinzulegen. Trotzdem entwachsen daraus immer wieder sagenhafte Talente und Poetry Slams sind oft fantastische Veranstaltungen. Ich wollte mit „Monaco Infernale“ die Slam-Szene keineswegs vorführen. Sie hat absolut ihre Berechtigung, ich bin nach wie vor gerne bei Slams und ich mag einige Slammer und auch Veranstalter sehr. Ich selbst trete dort aber nur selten auf, eben weil es mir zu sehr um die Kunst und nicht um den Wettbewerb geht.

Meine Lieblingsgeschichte über Moses Wolff ist die, mit dem eigenen Briefkasten auf der Wiesn 2015. Kamen da tatsächlich Briefe an und ist es für dieses Jahr wieder geplant?

Wolff: Ja, die kamen wirklich an, weil ich ja einen Nachsendeantrag zum Briefkasten am Holzzaun im Hacker-Festzelt gestellt hatte. Den hatte mir die Post allerdings erst nach sieben Jahren bewilligt. Letztes Jahr ging es leider nicht, weil alle wegen der Sicherheitsmassnahmen sehr aufgeregt waren. Ob es diesmal wieder klappt, ist noch nicht klar. Ich versuche es natürlich und hoffe es auch, weil ich den Briefkasten wirklich gerne mochte. Das Gefühl, sich einfach nur in die Wiesn fallen zu lassen und sogar die Post dort hingeliefert zu bekommen, hat schon etwas ungemein Beruhigendes.

Wie war denn der Wiesn-Alltag mit Briefkasten?

Wolff: Es war offengestanden manchmal schon auch ein kleines bisschen stressig, weil ich ja immer in aller Herrgottsfrüh da sein musste, um die Post herauszunehmen, bevor zum Beispiel Fans, die davon wussten, irgendwelche wichtigen Briefe herausfischen konnten. Der Postbote bringt ja auch diese Briefe ganz normal vormittags aufs Oktoberfest. Also bin ich immer morgens um 10 Uhr auf die Wiesn gegangen, habe mich hingehockt, vielleicht etwas gefrühstückt und die Post gecheckt. Am Nachmittag bin ich dann wieder raus und da gab’s dann endlich auch die Mass. Und nach dem ersten Schluck hab ich gesagt: „So, und jetzt schau mer mal, ob Post da ist.“

Vorheriger ArtikelLiebe Spinne, böser Geier: Finaler Trailer zu „Spider-Man: Homecoming“
Nächster ArtikelGeoffrey Rush: «Javier Bardem ist der beste Bösewicht»