Alfred Biolek: «Der Tod ist mir nicht unangenehm»

Der legendäre Talkmaster Alfred Biolek spricht über sein neues Leben nach seiner schlimmsten Krise.

Es war weg. Fast alles war einfach weg. Die Erinnerungen an seine grosse Zeit als klügster TV-Entertainer Deutschland. Er wusste nichts mehr von seiner grossen anderen Passion, dem Kochen. Auch dass er mal von Millionen als grosser Star verehrt wurde, war weg. Der ganze Alfred Biolek (82, „Kölner Treff“, „Bio’s Bahnhof“, „Boulevard Bio“, „alfredissimo“), wie ihn die Fernsehzuschauer kennen und lieben, war nicht mehr vorhanden. Übrig geblieben war der kranke, unbekannte Biolek.

„Es ist alles weg“

In einem Gespräch mit dem „Süddeutsche Zeitung Magazin“ erzählen der ehemalige Talkmaster und sein Adoptivsohn Sohn Scott von der schlimmsten Krise im Leben Bioleks. 2010 war er bei Freunden eine Wendeltreppe hinunter gestützt. Dabei verletzte er sich schwer an Kopf und Schulter. Nach der Operation lag er im Koma. Ausserdem hatte der Sturz einen Gedächtnisverlust hervorgerufen. Biolek kann sich nicht an diese Zeit erinnern, an „nichts mehr, tut mir leid. Es ist alles weg.“

Dafür erzählt Scott, dass es ein Jahr gedauert habe, bis Biolek wieder auf den Beinen war. „Eines Tages hatte ich die Idee, ihm seine Autobiografie mitzubringen. Das hat geholfen.“ Alfred Biolek holte sich mit dem Buch sein Leben wieder zurück. „Alles war neu für ihn: dass er kochen kann, dass er prominent ist, dass er ein Fernsehstar war.“

Der grosse Umbruch

Der Sturz und die Auswirkungen haben sein Leben radikal verändert. Alfred Biolek, mittlerweile 82, wohnt nach zehn Jahren in Berlin wieder in Köln. „Als es mir besser ging, sass ich in Berlin-Mitte und begriff, dass ich dort nur Menschen kenne, die ich interessant finde, mit denen ich aber nicht befreundet bin. Es waren Bekanntschaften, keine gewachsenen Bindungen“, so Biolek.

Weiter erklärt er: „Deswegen bin ich zurück nach Köln, wo immer noch viele Menschen leben, mit denen ich befreundet bin. Ich brauche eine Umgebung, die zu meinem neuen, kleineren Leben passt… Wenn ein Mensch vor mir steht, der mir etwas bedeutet, spüre ich etwas, was ich in Berlin, egal wie unterhaltsam es war, nie gespürt habe.“

Sein neues Leben

Die Zeiten seiner kultivierten Partys und Einladungen zum Essen, das er selbst kochte, sind vorbei. Er liest viel, geht spazieren (mit Rollator), trifft Freunde, und abends gegen 20 Uhr wird der Fernseher angeschaltet. „Ich habe 300 Programme, mir wird nicht langweilig.“ Sein Urteil „Das Fernsehen ist eine einzige Katastrophe“ will er so nicht mehr stehen lassen. Er sei „milder geworden. Das Programm hat sich geändert, aber die Menschen eben auch… Das Fernsehen ist nicht besser oder schlechter als zu meiner Zeit, es ist anders.“

Seine politischen Ansichten haben sich geändert: „Früher war ich sehr konservativ. Ich war sogar mal CDU-Mitglied und bin immer mit Anzug und Krawatte durch die Gegend gelaufen. Inzwischen bin ich nach links gerückt, bin sozialer, aufgeschlossener, liberaler eingestellt.“

Sein neues Ich

Das Kochen, seine grosse Leidenschaft, lässt er fast ganz bleiben, „weil ich nicht mehr fit genug bin. Beim Kochen muss man viel denken und stehen, das ist mir zu anstrengend. Ich kann schon noch Kartoffeln oder Karotten schnippeln, aber für mehr reicht es nicht.“ Er vermisse es auch nicht – und bekäme eine „Panikattacke, wenn Sie mir jetzt sagen würden, dass ich heute Abend für zehn Personen kochen muss“.

Auch den engagierten Weinfreund Biolek gibt es nicht mehr. Er trinke nur noch alkoholfreien Wein, „ich mag keinen anderen mehr. Scott besorgt ihn mir im Bio-Supermarkt um die Ecke. Es gibt weissen und roten, der Rotwein ist nicht so toll, aber der weisse schmeckt mir.“ Wenn er mal in ein Restaurant gehe, bringe er seinen alkoholfreien Wein mit. „Die Kellner wissen und respektieren es.“

„Es kann zu Ende gehen“

Zu seinem Alter hat er ein „entspanntes“ Verhältnis, „es gibt ja keine Alternative… Ich habe keine Beschwerden, der Rücken, die inneren Organe, alles gut, mal zwickt das Knie, aber ich nehme keine Medikamente, nur Kalzium- und Vitamintabletten. Ich habe dreimal die Woche Physiotherapie. Ich werde massiert und trainiere an der Rudermaschine.“

Alfred Biolek freut sich „noch auf ein paar Jahre, aber irgendwann, so mit Ende achtzig oder Anfang neunzig, kann es von mir aus zu Ende gehen.“ Gedanken an den Tod belasten ihn nicht. „Wenn mich jemand schlecht behandelt oder mir nicht die Wahrheit sagt, das finde ich unangenehm. Den Tod finde ich nicht unangenehm. Ich bin doch schon alt.“

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