Kniender Protest gegen Trump: Das steckt hinter dem Hymnen-Streit

Rassismus oder Patriotismus? Bei US-Präsident Donald Trump scheinen die Grenzen hier recht fliessend zu sein, wie der aktuelle Hymnen-Streit nahelegt. Doch warum schlägt die Protest-Aktion einiger NFL-Spieler so hohe Wellen?

Sich vor jemanden niederknien, eigentlich eine Demutsgeste, eine Aktion grössten Respekts. In den USA mausert sich der Kniefall derzeit aber zum exakten Gegenteil, zum Symbol des Protests. Es begann als das stumme, friedfertige Auflehnen zahlreicher afro-amerikanischer Football-Profis gegen soziale und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten „im Land der Freien und der Heimat der Tapferen“, wie es am Ende der US-Nationalhymne heisst. Doch ausgerechnet ein Mann wollte ihnen sogleich die Freiheit auf Protest nehmen. Ihren Mut, soziale Missstände anzusprechen, bestrafen. Und dieser Mann ist dummerweise der Präsident der Vereinigten Staaten.

Protest ist unpatriotisch

Statt sich mit der wachsenden Krise mit Nordkorea, den verheerenden Folgen der Hurrikane oder der schleppenden US-Innenpolitik zu beschäftigen – vom propagierten Mauerbau zu Mexiko mal ganz zu schweigen – wütete der Twitter-Präsident Donald Trump (71) am vergangenen Wochenende lieber munter drauf los, als die ersten Spieler auf die Knie gingen. „Würdet ihr es nicht lieben, wenn jemand unsere Flagge verachtet und der Eigentümer daraufhin sagt: ‚Nehmt den Hurensohn vom Feld. Er ist gefeuert. Er ist gefeuert'“, soll Trump in einer Rede in Alabama in Richtung der Club-Eigentümer der NFL-Teams gegiftet haben. Unter tosendem Applaus seiner Anhänger, versteht sich.

Die Reaktion besagter „Hurensöhne“ liess nicht lange auf sich warten. Am ersten Spieltag nach Trumps furioser Tirade waren es schon über 200 Knie, die während des „Star-Spangled Banner“ den Rasen diverser US-Football-Stadien berührten. Neben Zuspruch einiger Vereinsinhabern und Sympathisanten im Publikum wurde die Aktion aber durchaus auch von Buhrufen begleitet, wie von Trump selbstredend wahrgenommen wurde: „Viele Menschen haben die knienden Spieler ausgebuht. (…) Das sind Fans, die Respekt für unsere Flagge einfordern!“, schrieb der Republikaner bei Twitter.

Verbaler Protest in der NBA

Kaum zu glauben, aber laut der Statuten der Basketball-Liga NBA ist es tatsächlich verboten, eine andere Haltung als aufrecht stehend einzunehmen, während die Nationalhymne läuft. Das berichtet die Seite „SBNation“. Der Spieler Stephen Curry (29) äusserte daher auf andere Weise seinen Protest und sagte laut der Seite, dass er die Einladung aus dem Weissen Haus nicht annimmt, um dort den Gewinn der Meisterschaft zu feiern – woraufhin Trump ihn kurzerhand wieder auslud. NBA-Superstar und Teamkollege LeBron James (32) liess darauf einen rekordverdächtigen Tweet ab, in dem er Trump persönlich angriff: „Du Penner“, beschimpft der Star darin Trump und springt Curry zur Seite: „In das Weisse Haus zu gehen war eine grosse Ehre, bis du aufgetaucht bist!“ Und auch mit den knienden Football-Stars fühlen James und viele seiner Kollegen seither mit.

Der Kniefall erobert die USA

Es sind inzwischen aber eben nicht mehr nur Football-Profis, die während der Nationalhymne stumm auf ihr Knie sinken, statt aufrecht und mit der Hand auf dem Herzen mitzusingen. Der Kniefall als Zeichen der Solidarität mit den Protestierenden ist schon längst von der Hymne losgeeist. „Trump liebt vielleicht die Flagge, aber er liebt nichts davon, was sie symbolisieren soll“, schrieb Musiker John Legend (38, „Darkness And Light“) unlängst in einem offenen Brief. „Wenn wir Proteste im Namen des Patriotismus unterdrücken, dann sind wir keine Patrioten. Dann sind wir Tyrannen.“ Auf seiner „Darkness And Light“-Tour sank der Star folgerichtig auf den Boden, wie auf seinem Instagram-Account samt Hashtag „Take A Knee“ zu sehen ist.

Ihm und all den Football-Spielern taten es Stevie Wonder (67) und dessen Sohn Kwame Morris (29) beim Global Citizen Festival im New Yorker Central Park gleich. Und auch Pharrell Williams (44) protestierte vor einem riesigen Publikum bei einem Festival in Charlottesville mit einem Kniefall gegen Trump. „Wenn ich mich jetzt für die Menschen in meiner Heimatstadt oder meinem Staat hinknien möchte, mache ich das. Dafür steht diese Flagge“, sagte Williams dabei.

Wird es geschichtsträchtig?

Die Serien- und Hollywood-Stars David Duchovny (57) und seine „Akte X“-Kollegin Gillian Anderson (49) verkündeten via Instagram ebenso ihre Unterstützung für die Protest-Aktion – jeweils auf dem Knie, versteht sich. Der US-amerikanische Sänger und Gitarrist Eddie Vedder (52) folgte auf dem Fusse, will sagen Knie. Unter dem Hashtag „Take A Knee“ sind bei Instagram aber auch bereits über 86.000 Solidaritätsbekundungen von Otto-Normalverbrauchern eingegangen – mehr als genug, könnte man meinen. Denn dass es manchmal nur eine Person braucht, um eine ganze Nation durchzuschütteln, bewies 1955 bekanntermassen eine zierliche Frau namens Rosa Parks. Als sie sich weigerte, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weissen zu räumen…

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