John F. Kennedy Jr. wäre jetzt 60: Die Schattenseiten seines Lebens

John F. Kennedy Jr. wäre an diesem Mittwoch 60 Jahre alt geworden. Sein Flugzeugabsturz war ein Kapitel mehr in der Tragödie der Kennedys.

Rein theoretisch, so müsste man es sagen, hat ihn das Leben überaus reich versorgt: Er war von Haus aus wohlhabend und entstammte einer der grossen amerikanischen Familien. Er war ein Liebling der Frauen und sah aus wie ein Filmstar. Doch das war nur die eine, die strahlende Seite einer Legende. Aber das Leben ist nun mal keine Theorie, und für John F. Kennedy Jr. (1960-1999) waren die grossen, herausragenden Momente durchweg schicksalhafte Begegnungen mit dem Tod. Oder mit dem Schicksal ein Kennedy zu sein, in dessen Leben der Tod die eigentliche Hauptrolle spielt. An diesem 25. November 2020 wäre John F. Kennedy Jr. 60 Jahre alt geworden. Wäre… Er starb weit vor seiner Zeit am 16. Juli 1999. In der Blüte seines Leben, wie man sagt. Mit 38.

Er war ein kleines Kind, als ein Foto von ihm um die Welt ging, das berühmteste Bild, das je von ihm gemacht wurde. Es war sein dritter Geburtstag, ein eiskalter November-Montag in Washington D.C., als der kleine John-John, wie sie ihn zärtlich nannten, die Hand seiner Mutter Jacqueline (1929-1994) losliess und vor dem Sarg seines Vaters militärisch salutierte. Präsident John F. Kennedy (1917-1963) war drei Tage zuvor erschossen worden.

Der kleine salutierende Sohn. Diese mehr hilflose als anrührende Geste sollte sein ganzes Leben bestimmen. Egal, ob er später als New Yorker Anwalt oder Verleger agierte – das allgemeine Publikum sah in ihm stets den berühmten kleinen „John-John“, der den toten Vater militärisch grüsste.

Der Tod und die Kennedy-Familie

„Damit wurde er Amerikas Sohn, unser aller Kind“, urteilte der Journalist und Kennedy-Biograf Edward Klein. Und Paul Wilmot, ein Bekannter der Familie, soll gesagt haben: „Das ist der Moment, in dem John Kennedy Jr. wurde, wer er war.“ Mit sieben musste John-John auf die Beerdigung von „Onkel Bobby“. Senator Robert F. Kennedy (1925-1968), der jüngere Bruder des ermordeten US-Präsidenten, fiel am 6. Juni 1968 einem Attentat zum Opfer.

John F. Jr. erfährt bereits im Laufe seiner Kindheit, dass der Tod in seiner Familie eine grosse Rolle spielt. Vater und Onkel fallen Verbrechen zum Opfer, seine ältere Schwester Arabella kommt 1956 als Totgeburt zur Welt, sein jüngerer Bruder Patrick stirbt 1963 zwei Tage nach seiner Geburt.

Sein berühmter Name ist für John F. Jr. eher eine Belastung als ein Vorteil. „Hätten die USA ein Königshaus, dann könnten es nur die Kennedys sein. Und gäbe es einen Thronfolger, dann wäre es John F. Kennedy Jr. gewesen. Er war unser Kronprinz“, schreibt ein Journalist. Aber der Junior will kein Kronprinz sein. Er möchte am liebsten Schauspieler werden, später Journalist, beides verweigert ihm die ehrgeizige Mutter.

Beliebtes Mitglied der New Yorker Society

Er geht als Student auch nicht nach Harvard wie der Vater und Grossvater, sondern studiert Jura an der New York University Law School, wo er das Anwaltsexamen erst im dritten Anlauf schafft. Danach tritt er auch nicht in eine jener elitären Anwaltskanzleien in Manhattan ein, sondern sucht sich bis 1993 einen eher unglamourösen Job bei der Staatsanwaltschaft.

Kennedy Junior wird auch ohne sein Zutun begehrter Fixpunkt der New Yorker Society. Er hat Affären mit den Schauspielerinnen Daryl Hannah (59) und Sarah Jessica Parker (55). Bereits 1988 hat ihn das „People“-Magazin zum „Sexiest Man Alive“ gewählt. Nach dem Tod der Mutter geht JFK Jr. in den Journalismus und wird Verleger des Polit-Magazins „George“. 1996 heiratet er die sechs Jahre jüngere Carolyn Bessette (1966-1999), PR-Agentin des Modedesigners Calvin Klein (78), eine extravagante Trendsetterin.

In Edward Kleins Buch „Das Geheimnis der Kennedys – Eine Familie und ihr Fluch“ wird eine mehr verrückte als turbulente Ehe beschrieben. Carolyn soll ihren Mann demnach geschlagen, Kokain genommen und ihn mit einem Calvin-Klein-Unterwäschemodel betrogen haben, Carolyn habe John-Johns Magazin „George“ ruiniert, wird weiter behauptet. Am Schluss habe ein verzweifelter John F. Kennedy Jr. in seiner Suite des New Yorker Stanhope Hotels (2000 Dollar/Nacht) gesessen und gebrüllt: „Mir reicht es! Das muss aufhören. Sonst bleibt uns nur noch die Scheidung.“

Mangelnde Erfahrung und trübes Wetter besiegeln sein Schicksal

„Der Fluch der Kennedys resultiert aus dem zerstörerischen Zusammenprall der Allmachtsphantasien der Familie mit der kalten, harten Wirklichkeit“, schreibt der Kennedy-Biograf Edward Klein. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ist dieser Satz eine finale Ausdeutung der zerrütteten Ehe: Das Paar will am 16. Juli 1999 zu einer Hochzeit in Massachusetts aufbrechen. John-John hat seit kurzem den Pilotenschein, aber nur eine Sichtfluglizenz. Er sitzt selbst im Cockpit seiner Piper Saratoga. Mit an Bord: Carolyns Schwester Lauren Bessette (1964-1999).

Carolyn habe ihren Mann stundenlang am Flugplatz warten lassen, weil sie sich noch in Manhattan die Nägel lackieren lassen musste, so zitiert die „FAZ“ Edward Kleins These. Deshalb sei John-Johns kleines Flugzeug erst gestartet, als es schon dunkel war, einfach zu spät für den Fluganfänger Kennedy. Die Maschine stürzt vor der Insel Martha’s Vineyard in den Atlantik.

Eine Familiengeschichte als Tragödie Amerikas

John-John habe die Götter herausgefordert und sei trotz einer Fussverletzung, seiner mangelnden Erfahrung und des trüben Wetters in sein Flugzeug gestiegen, schreibt die „FAZ“. „Und wie seine Tante Kathleen und sein Onkel Joseph bezahlte er seinen Fliegerhochmut mit dem Leben. Die eine geriet 1948 mit ihrem Liebhaber Peter Fitzwilliam in einen Gewittersturm… Der andere starb 1944, als sein Bomber auf dem Weg zu einer heroischen, selbstmörderischen Geheimmission über England explodierte. Er wollte, das legt Klein nahe, seinen jüngeren Bruder John übertrumpfen, der schon als Kriegsheld gefeiert wurde.“

Die Leichen von John F. Kennedy Jr., seiner Ehefrau Carolyn und Schwägerin Lauren wurden Tage später in 40 Meter Tiefe auf dem Meeresgrund gefunden und geborgen. Sie wurden bei einer Seebestattung gemeinsam dem Meer übergeben. Ein Kapitel mehr in der Tragödie der Kennedys, die eine Tragödie Amerikas ist.

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