Der ungebremste Fall von Naddel

Kaum jemand ist in der deutschen Öffentlichkeit so berühmt für ihren Absturz wie Nadja abd el Farrag, genannt Naddel. Dennoch empfindet man auch Mitleid für die Bohlen-Ex. Warum ist das so?

Sie ist umgeknickt. Hat sich den Fuss verstaucht. Eine Nichtigkeit, kaum der Rede wert. Doch bei Nadja abd el Farrag (52) werden daraus Schlagzeilen. „Alkohol und Humpel-Lüge! Nun bekommt Naddel die Quittung…“, heisst es da beispielsweise. Oder: „Verletzung & Alkohol-Rückfall: So wehrt sich Naddel jetzt“.

Naddel, Naddel – immer wieder Naddel. Tatsächlich scheint es da kein Ende zu geben auf ihrer gefährlichen Abwärtsspirale nach unten, und man fragt sich: Wie tief muss der arme Mensch eigentlich noch im Chaos versinken, um endlich Ruhe und Respekt zu finden.

Im Prinzip kennen sie alle – und keiner so richtig. Immer gab es irgendein Theater um sie. Mal positiv, mal negativ, Naddel ist seit über 20 Jahren im Gespräch. Das verdankt sie vor allem Dieter Bohlen (63), mit dem sie insgesamt elf Jahren zusammen war. Er schuf Naddel. Das Marketing-Genie erfand auch ihren Namen, der so nett klingt und so weich über die Lippen kommt. Nadjas gibt es viele, Naddel nur einmal. 2007 lässt sie ihn als Marke registrieren.

Pleiten, Pannen, Abstürze

Wer ihren Namen hört, sieht sie vor sich: Eine hochgewachsene Frau, schlanke Model-Figur, braune schulterlange Mähne, brauner Teint, strahlend weisse Zähne, die bisweilen wie Halogenlicht aufleuchten. Naddel steht für Pleiten, Pannen, Abstürze – und für jede Heuchelei, die sich in unserer modernen Gesellschaft gern als Mitleid verkleidet hat.

„Das Leben von Nadja Abd El Farrag, die in Deutschland fast so bekannt sein dürfte wie Angela Merkel, ist ein Lehrstück“, schreibt der „stern“. „Ein Lehrstück über eine Frau, die sich auf eine Karriere als Anhängsel eingelassen hat. Die auf den Märchenprinzen gesetzt und verloren hat. Eine Geschichte für junge Mädchen, die davon träumen, It-Girl, Luder, Spielerfrau oder Freundin eines Stars zu werden. Und es ist Lehrstück über Schadenfreude, von der Arthur Schopenhauer sagte, sie sei mit der Grausamkeit eng verwandt.“

Ihre Mutter Uta ist Deutsche, der Vater Ibrahim kommt aus dem Sudan. Dass sie anders aussieht als die anderen, hat sie bereits als Kind in Hamburg erfahren müssen. „‚Hau ab, Neger wollen wir hier nicht“, schrie ihr ein Mann hinterher. Ein Jahr vor dem Abitur verliess Nadja die Schule und machte eine Lehre als Apothekenhelferin. 1989 lernte sie in der Hamburger Disko „Mezzanotte“ Dieter Bohlen, damals 35, kennen. Der baggerte sie gleich an: „Gib mir einen Kuss. Ich will dich heiraten,“

Das Schicksal heisst Dieter Bohlen

„Ich schnallte gar nicht, dass sie farbig war“, schrieb er später in seiner Biografie. Ihre „granatenmässige Oberweite“ hat er dagegen sofort wahrgenommen. Die erste Verabredung hielt sie nicht ein, dann wurde sie schwach und zog bei Bohlen ein. Der hatte sich gerade von seiner Ehefrau Erika getrennt. Das Paar lebte in einer Villa (13 Zimmer, 4 Hunde). Bohlen erklärte ihr gemeinsames Leben so: „Ich mach die Kohle, sie das Haus. Da sparen wir die Putzfrau.“ Zwischendurch jobbte sie auch bei ihrem Freund als Background-Sängerin.

Dann war nach sieben Jahren erst einmal Schluss. Bohlen hatte 1996 Verona Feldbusch, die heutige Frau Pooth, kennengelernt und sie geheiratet. Nach vier Wochen kam die Trennung – und ein Jahr später wieder Naddel zum Zug. Dieses Mal hielt es bis 2001. „Ich bin 37, ich habe keinen Job, keinen Mann, kein Kind. Ich habe keine wirkliche Perspektive. Was soll bloss mit mir sein, wenn ich 50 bin?“, so wurde damals Naddel in der Presse zitiert. Sie hatte ihre Geschichte mit Dieter Bohlen an die Öffentlichkeit verkauft, denn von irgendwas musste sie ja leben.

Jetzt war sie von Beruf die Ex des Popstars. Und das ist sie bis heute geblieben. Sie sagte auch: „Bohlen war der Fehler meines Lebens. Wenn ich den damals stehen gelassen hätte, hätte ich jetzt ein ganz normales Leben. Einen normalen Mann, vielleicht zwei Kinder.“ Naddel bediente die Öffentlichkeit mit ihren Memoiren mit dem schönen Titel „Ungelogen“, sie ging ins Dschungelcamp und in den „Big Brother“-Container, und die griffigste Schlagzeile über sie lautete: „Ich bin ein Nichts, bringt mich gross raus.“

Irgendwann war alles egal

Da war offenbar längst schon alles egal. Sie moderierte das Erotikformat „Peep“, trat bei Erotikmessen auf, liess ihre Brüste vor laufender Kamera abwiegen. Ihr Mitwirken bei der Sendung „Raus aus den Schulden“ war ein Eingeständnis ihrer wirklichen Lebenssituation. Doch was auch immer über Naddel berichtet wird – stets hat man den Eindruck, sie sei in etwas reingestolpert, nicht hineingesteuert. „In ihren braunen Augen liegt nichts Lauerndes, eher Arglosigkeit eines Kindes“, hat der „stern“ beobachtet.

Seit einigen Jahren gibt es immer wieder irgendwelche Geschichten über ihren Alkoholkonsum. 2014 stolpert sie an der Eingangstür eines Hamburger Clubs. Sie fällt, wird ohnmächtig und blutet am Kopf. „Totalabsturz vor Hamburger Club“ oder „Bewusstlos im Wodka-Suff“ schreien die Schlagzeilen. Einer hat den Fall mit seinem Handy gefilmt. Schon stehen die Szenen unter dem Titel „Naddel fliegt besoffen aufs Maul“ im Internet.

2015 äussert sich Naddel schliesslich zum ersten Mal über ihren Alkoholkonsum. Im Gespräch mit „RTL Exclusiv“ sagte sie: „Ich stehe dazu, dass ich was trinke und ich weiss auch, dass es ein Problem ist“. Und weiter: „Ich habe Sachen gemacht, die ich gar nicht machen wollte. Ich habe einen Wein getrunken. Und dann noch einen Wein. Und irgendwann war man dann natürlich auch überdreht.“

Kehrt sie zurück zu sonnenklar.tv?

Vor wenigen Wochen wird schliesslich bekannt, dass sie an der Leber erkrankt sei. Naddel wohnt derzeit in einem Hamburger Hotel, ein Freund hat ihr das Zimmer besorgt. Mit diesem Freund war sie offenbar letzte Woche in einer Weinbar. Das haben auch die Medien mitbekommen. Und weil sie wegen einer Fussverletzung, die sie beim Gassigehen mit den Hund zugezogen hatte, ihren Ägyptentrip als Reporter für Sonnenklar.tv absagen musste, konnte sie die Reise nicht antreten.

Hilflos postet Naddel auf Facebook: „Da wollte ich zu den letzten Vorwürfen was schreiben und nun werden neue Märchen über mich verbreitet, meine Verletzung wäre ein Fake, ich würde saufen und sei todkrank. Das stimmt wieder alles nicht, ich saufe nicht, mir geht es wunderbar und ich bin gesund, ausser dass ich mir tatsächlich wieder meinen Fuss an derselben Stelle verknackst habe und beim Arzt in Behandlung war.“

Sonnenklar.tv erklärte, sie könne wiederkommen, wenn sie gesundheitlich wieder fit sei. Ob der Sender damit auch den Zustand ihrer Seele meint, ist nicht bekannt.

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