„Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“: Sperriger Titel, genialer Film

Eines ist sicher: „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ist nicht nur Anwärter auf den Oscar für den umständlichsten Filmtitel des Jahres. Die Tragik-Komödie von Martin McDonagh brilliert mit derben Sprüchen, ungewöhnlichen Charakteren und viel Herz.

Sieben Oscar-Nominierungen sprechen für sich: Wer schon jetzt einen der besten Filme des noch so jungen Jahres sehen will, der sollte sich ab dem 25. Januar eine Kinokarte für „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ sichern. Auch wenn die meisten Anrufer in der Tickethotline wohl nur bis zum Wort „Billboards“ kommen werden. So sperrig der Titel der tiefschwarzen Tragikkomödie von Regisseur Martin McDonagh auch sein mag, so sehenswert ist die schräge Story über Tod, Trauer, Rache und Läuterung. Und das vornehmlich, aber eben nicht nur wegen Hauptdarstellerin Frances McDormand (60).

Eine Mutter gegen den Rest der Welt

Mildred Hayes (McDormand) hat all ihr Erspartes und noch ein wenig mehr zusammengeklaubt. Die geschiedene, alleinerziehende Mutter will sich mit dem Geld aber nicht etwa einen Urlaub oder eine neue Bleibe finanzieren. Sie mietet sich für die 4’000 Dollar drei marode Werbetafeln ausserhalb ihrer beschaulichen Heimatstadt und stellt mit ihnen den allseits beliebten Polizeichef Willoughby (Woody Harrelson, 56) an den Pranger.

Sieben Monate ist es nun her, dass Mildreds Tochter vergewaltigt und ermordet wurde. Einen Verdächtigen gibt es nicht, die Ermittlungen der örtlichen Polizei sind weitestgehend eingestellt. Doch die toughe Mildred will und kann sich damit nicht abfinden und startet mit ihrer Aktion bewusst einen Kleinkrieg. Nicht nur mit der Polizei, sondern mit fast jedem einzelnen der schrägen Bewohner der Kleinstadt. Lange dauert es nicht, ehe ihr Feldzug für Gerechtigkeit nationale Wellen schlägt.

Starkes Ensemble mit herausragender Hauptdarstellerin

„Wie läuft das ‚Foltern von Negern‘-Business, Dixon?“, fragt Mildred süffisant. Besagter Dixon (Sam Rockwell, 49) ist nicht nur unfassbar einfältig, sondern auch ein Rassist, Muttersöhnchen… und Polizist – nicht die beste aller Kombinationen. „Das darf man nicht sagen! Das heisst jetzt ‚Foltern von Farbigen‘-Business“, erwidert der völlig frei von Ironie. McDormand an einem und Rockwell am anderen Ende der Intelligenz-Skala dieser verbalen Scharmützel ist das Highlight von „Three Billboards“ und macht allzu deutlich, warum einfach jede Filmpreis-Jury dieses Jahr kein Vorbeikommen an den beiden sah.

Auch, weil der Film eben nicht den Fehler macht, Charakteren wie Dixon den Raum zur Entfaltung zu verwehren. Wo andere Oscar-Anwärter wie „Die dunkelste Stunde“ alles auf die Hauptfigur Winston Churchill (Gary Oldman) forcieren, verteilt sich das Talent bei „Three Billboards“ auf mehrere Schultern. Auch Woody Harrelson als angesehener, schwer kranker Polizeichef bekommt seine denkwürdigen Momente. Ebenso wie Peter Dinklage oder Caleb Landry Jones in Nebenrollen.

McDormand als verbitterte, trauernde und ungemein vulgäre Mildred Hayes ist aber selbstredend das Herzstück des Films. Viele Buchmacher räumen ihr die besten Chancen bei den anstehenden Oscars am 4. März ein, ihren dann zweiten Goldjungen einzusacken (den ersten gab es für „Fargo“ der Coen-Brüder). Das berühmte Regie-Brüderpaar ist dabei ein gutes Stichwort. Schon bei „Brügge sehen… und sterben?“ hatte Filmemacher McDonagh eine im Kern sehr ähnlich schräge Figurenzeichnung wie die Coen-Brüder etabliert, ohne jedoch ihren Stil einfach zu kopieren. Bei „Three Billboards“ ist es ihm gelungen, seinen ebenfalls grandiosen Vorgängerfilm in dieser Hinsicht noch einmal zu toppen.

Schonungslose Kritik an allem und jedem

Im Gegensatz zu den latent und weniger latent rassistischen Bewohnern von Ebbing diskriminiert Mildred Hayes nicht. Mit seltenen Ausnahmen verachtet sie einfach jeden in ihrem Umfeld und bringt den Mitmenschen somit eine verquere Form der Gleichberechtigung entgegen. Freunde macht man sich mit so einer Einstellung nicht, womit die Krawallbürste mehr als leben kann.

Und so wird einer Gruppe Jugendlicher so lange in die Weichteile getreten (Jungs wie Mädchen), bis sich einer der Kids als Flaschenwerfer outet. Dem Pfarrer, der sie zur Vernunft bringen will, rät sie, sich erst einmal um die unzähligen Kinderschänder in der Kirche zu kümmern. Und der Reporterin, die scheinheilig ein Ende des Kleinkriegs fordert, schmettert sie entgegen: „Einen Scheiss bedeutet das, du behinderte Kuh. Das ist erst der verkackte Anfang. Sende das mal in deiner ‚Guten Morgen Missouri‘-Frühstücksfernsehen-Scheisse, du Miststück!“.

Die Beispiele, die zum Teil schon in den Trailern bestaunt werden können, zeigen, dass „Three Billboards“ einigen Kinogängern zu derbe sein dürfte. Zudem wird ihnen der vor Sozialkritik nur so strotzende Streifen unter Umständen zu plakativ sein – irgendwie passend bei einem Film, der sich um Billboards dreht. Doch nicht nur, weil „Three Billboards“ mit seiner zugegeben sehr forsch vorgetragene Kritik allzu häufig ins Schwarze trifft, könnte er der Abräumer des Oscar-Abends werden. Sondern auch, weil er am Ende des Tages die aufbauende Aussage unter das Volk bringt, dass selbst der engstirnigste und fehlerbehaftetste Mensch das Potenzial zum Helden in sich trägt.

Fazit:

Auch wenn zum Vergleich als erstes die Filme der Coen-Brüder in den Sinn kommen, ist „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ einzigartige, für manchen vielleicht zu derb gewürzte Kinokost. Ob der Film von Martin McDonagh zum grossen Gewinner der Oscars im März wird, muss sich zeigen. Verdient hätten es der Film im Allgemeinen – und sein bärenstark auftrumpfendes Ensemble um Frances McDormand im Speziellen.

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