Oscars 2018: Erschreckend zahme Veranstaltung

Wie bekommt man die allgegenwärtige Sexismus-Debatte, den nie vollständig überwundenen Rassismus und nebenbei auch noch die Oscars unter einen Hut? Gar nicht?

Ohne Umschlag-Gate, dafür mit einer gigantischen Portion Selbstkritik und Aufbruchsstimmung – so präsentierte sich die US-Filmindustrie bei der 90. Ausgabe der Oscars. Jimmy Kimmel (50), dem im vergangenen Jahr die zweifelhafte Ehre zuteilwurde, beim grössten Fauxpas der Academy-Geschichte als Moderator zu fungieren, dürfte das bei seinem erneuten Engagement dieses Jahr sehr zupassgekommen sein. Auch wenn ihm damit eine immens anspruchsvolle Aufgabe gestellt wurde: Einerseits den Spassvogel mimen, andererseits die so wichtige „Me Too“-Debatte nicht ins Lächerliche ziehen. Ist ihm das gelungen?

Etwas Sexismus, etwas Rassismus – und viel Witz

„Wenn heute euer Namen aufgerufen wird, wartet noch ein wenig, bevor ihr auf die Bühne kommt“ – natürlich kam Jimmy Kimmel zu Beginn der 90. Oscars nicht umher, das Negativ-Highlight von 2017 anzusprechen, als aus Versehen „La La Land“ anstatt „Moonlight“ als der „Beste Film“ verkündet wurde. Lange dauerte es aber nicht, ehe durchaus gelungen der Spagat zwischen Humor und „Me Too“ angegangen wurde. Kimmel stellte gleich einmal fest, warum der Oscar so beliebt bei Alt und Jung, bei Mann und Frau sei: „Er behält seine Hände wo man sie sehen kann – und er hat keinen Penis!“

Zudem gab es Spitzen gegen die zwei wohl verhasstesten Männer in Hollywood dieser Tage: Harvey Weinstein und Präsident Donald Trump, für viele die personifizierten Sinnbilder für Sexismus und Rassismus. Insgesamt hielt sich Kimmel aber sichtlich zurück, man kann sich nur im Entferntesten vorstellen, was jemand wie Promi-Schreck Ricky Gervais (56) bei solchen Vorlagen rausgehauen hätte. Es wirkte fast so, als habe man Kimmel dazu angehalten, so schnell wie möglich alle leidigen Themen anzusprechen, um so viel Raum wie möglich für die Oscars zu bewahren.

Jetski statt Dank an Mutti

Doch wo er sich selbst zurückhielt, bot er den Oscar-Gewinnern eine besondere Möglichkeit: Keine Musik würde die Dankesrede unterbrechen, stattdessen würde bei allzu langen Danksagungen ein Star aus „Get Out“ auf die Bühne stürmen und eben jenes brüllen: „Hau ab!“ Stimmte zwar nicht, witzig war es dennoch. Besonderen Anreiz präsentierte Helen Mirren (72) als sexy Produkt-Fee der Marke „Der Preis ist heiss“: Wer die kürzeste Dankesrede hält, würde einen Jetski geschenkt bekommen.

Den Jetski bekam am Ende übrigens Kostümbildner Mark Bridges. Er durfte zudem den Oscar in der Kategorie „Bestes Kostümdesign“ für seine Arbeit bei „Der seidene Faden“ mit nach Hause nehmen.

Statt live über die „Time’s Up“-Bewegung oder auch Rassismus in der Traumfabrik zu sprechen, wurde das heikle Thema in einem langen Einspieler aufgegriffen. Im Nachhinein betrachtet eine durchaus verständliche Entscheidung, um der Debatte genug Zeit einzuräumen, ohne dabei die gesamte Verleihung zu überschatten. Nach all den Protestaktionen der vergangenen Veranstaltungen, wie den Golden Globes, den Grammys oder den BAFTAs, kam das „Me Too“-Thema im Epizentrum seiner Bedeutsamkeit, den Oscars, aber erstaunlich kurz.

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