„Avengers: Infinity War“: Einer für alle, alle gegen Thanos

Ein Superschurke, unzählige Superhelden und die stete Angst, wer von ihnen als nächstes ins Heldengras beisst: „Avengers: Infinity War“ ist der feuchte Traum aller Comic-Fans.

Da ist er. Der Moment, auf den die Fans der Comic-Verfilmungen von Marvel all die Jahre und nach all den mitunter schon in Vergessenheit geratenen Einzelfilmen der Recken gewartet haben. „Avengers: Infinity War“ kommt am Donnerstag in die Kinos. Hat sich das lange Warten gelohnt, das in Anbetracht des Erscheinungsdatums des ersten Films aus dem Marvel Cinematic Universe („Iron Man“, 14. April 2008) fast auf den Tag genau zehn Jahre andauerte? Die kurze Antwort: Ja! Die lange Antwort: Ja, aber…

Der teuflische Plan von Thanos

Er sieht eine Welt – nein, ein ganzes Universum -, in dem Hungersnöte der Vergangenheit angehören. In dem für jeden, egal welcher Herkunft, welcher Rasse oder sozialer Status, genug Platz zur Existenz ist. Kurzum, in dem wieder Harmonie herrscht. Und genau deshalb plant Thanos (Josh Brolin, 50), besagtes Universum willkürlich um die Hälfte seiner Einwohner zu erleichtern. Fairness, so nennt er diesen Akt des Genozids. Gnade, schimpfen es seine Vasallen des Massenmords.

Damit ihm das möglichst schnell gelingen kann, will er die sechs Infinity-Steine in seinen Besitz bringen. Mit der vereinten Kraft der mächtigen Steine genügt ein Fingerschnippen, um seinen verblendeten Plan in die Realität umzusetzen. Wenig überraschend haben die Helden der Avengers, aber auch die Guardians of the Galaxy und Konsorten wenig Lust auf Thanos‘ intergalaktische Lotterie, wer leben darf und wer sterben muss. Und so raufen sich sogar manche Streithähne zusammen, die sich unlängst im Zivilkrieg („Civil War“) noch gegenseitig den Heldenhintern versohlten.

Balance ist alles

Schurke Thanos spricht im rund zweieinhalb Stunden langen Film oft und gerne davon, wie wichtig Gleichgewicht doch ist. Auch filmisch hat „Infinity War“ einen riskanten Balance-Akt zu stemmen. Wie verbindet man zuletzt schon in Klamauk abgedriftete Filme wie „Thor: Tag der Entscheidung“ oder „Guardians of the Galaxy 2“ mit dem wesentlich ernsteren Grundkanon, den zuletzt etwa „Captain America“ verkörperte? Indem man mit sehr viel Feingefühl den Mittelweg zwischen Tragik und Komödie wählt. Besagtem „Thor“-Streifen war dies unlängst überhaupt nicht gelungen. Auf die Regie-Brüder Anthony und Joe Russo, die nun „Infinity War“ auf die Leinwand gezaubert haben, wäre dagegen sogar Balance-Fetischist Thanos höchstpersönlich stolz.

Jedoch muss auch festgehalten werden, dass es die Russos verhältnismässig einfach hatten, für chronische Gänsehaut zu sorgen. Quasi jeder vorangegangene Marvel-Film diente als Appetizer für den nun erschienenen, filmischen Schmelztiegel genannt „Infinity War“ – für den zudem nur die besten Zutaten weiterverwendet wurden. Noch etwas macht diesen Film aber so einzigartig: Endlich hat man als Zuschauer das Gefühl, von einem Marvel-Streifen wieder überrascht werden zu können. Selbst die grössten Helden und die am meisten ans Herz gewachsenen Figuren sind plötzlich nicht mehr sicher, unantastbar, unsterblich. Das kann und wird für Tränen sorgen, schon klar. Aber damit auch für eine Kino-Erfahrung, die einem noch lange nach Verlassen des Saals beschäftigt.

Eine Konstante

Der Held kann immer nur so gut wie der Gegenspieler sein, heisst es. Thanos beweist, dass dies auch im Plural zutreffend ist. Mit seiner Figur haben die Macher nicht nur einen durch und durch angsteinflössenden Schurken erschaffen, der die Avenger-Truppe quasi ab der ersten Sekunde des Films ordentlich ausdünnt. Er ist auch die eine Konstante des Films, die angesichts der Vielzahl an rechtschaffenen Figuren so immanent wichtig ist, um Struktur in das rege Treiben zu bringen. Was reine Netto-Zeit auf der Leinwand angeht, so müsste man ihn fast als die Hauptfigur bezeichnen.

Denn der Film wechselt öfter und schneller die Schauplätze als gefühlt alle „Bond“-Filme im Verbund. Das kann zuweilen selbst bei fachkundigsten Fans für Verwirrung sorgen, in erster Linie aber entstehen dabei schier nie für möglich gehaltene Helden-Konstellationen. Wenn sich Star-Lord alias Chris Pratt von Thors (Chris Hemsworth) in seiner Männlichkeit eingeschüchtert fühlt oder Black Widow und Captain America plötzlich Seite an Seite mit Groot in die Schlacht ziehen, droht der Nerdgasm.

Selbstredend ist dabei aber trotz der Überlänge für einige der beliebten Helden wenig Platz. Was angesichts ihrer ausgiebigen Vorstellung in all den vergangenen Jahren aber nichts mehr ausmacht. Es ist vergleichbar mit der Serie „Game of Thrones“, wo aufgrund der schieren Menge an Charakteren auch jeder davon immer nur seinen kleinen Kuchen der Sendezeit erhält – meistens solange bis er oder sie ohnehin das Zeitliche segnet. Was uns zum nächsten Punkt führt…

Die Totenglocke läutet und läutet

Natürlich wird an dieser Stelle nicht verraten, wen es im Infinity-Krieg erwischt. Wer aber so naiv ist zu glauben, dass alle Helden mit dem Leben davonkommen und sich deshalb schon angesichts dieses Satzes gespoilert wähnt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Schade ist, dass der Film einem aber kaum Zeit lässt, um gebührend Abschied zu nehmen – dafür steht schlichtweg zu viel auf der rappelvollen Agenda. Manch ein Lebewohl geht da direkt unter, was wohl als der grösste Kritikpunkt am Film angesehen werden kann.

Während es bei einigen Gefallenen wohl keinerlei Hoffnung auf eine Wiederauferstehung gibt, sieht das bei anderen aber besser aus. Denn auch wenn es im ersten Moment paradox klingen mag, aber: nicht obwohl, sondern weil das Ende so kompromisslos ist, lässt es einen mit Hoffnung zurück – zumindest für einige Helden…

Fazit:

„Avengers: Infinity War“ ist alles, was sich die Fans erwartet haben – und vielleicht sogar ein bisschen mehr. Der Bösewicht Thanos ist sogar beinahe das Highlight des Films, der, so traurig das auch sein mag, jeden der liebgewonnenen Charaktere lauthals anzählt und daher endlich wieder für Überraschung sorgt. Sich nicht mehr sicher sein zu können, ob mitten im Streifen der persönliche Liebling den Leinwand-Tod stirbt – „Game of Thrones“ hat vorgemacht, dass diese Angst für morbide Unterhaltung sorgen kann. Und für Spannung sowieso.

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