„Hereditary – Das Vermächtnis“: Frischer Wind im alten Spukhaus?

Ist „Hereditary – Das Vermächtnis“ ein Horror-Meisterwerk oder ein Schnarchfest? Je nachdem, wen man fragt, bekommt man stark unterschiedliche Antworten.

Der Trailer zu „Hereditary – Das Vermächtnis“ verängstigte nicht nur ein kindliches Publikum in Australien, wo der Grusel-Clip aus Versehen vor dem Familienfilm „Peter Hase“ gezeigt wurde. Zwar ist der Horrorfilm mit Hauptdarstellerin Toni Collette (45) ein Film über Familie, aber definitiv nicht für sie gemacht. Ebenso wenig wie für die Kinogänger, so scheint es, die sich in den vergangenen Jahren an Horrorstreifen der ewig gleichen Machart à la „Insidious“, „The Conjuring“ oder „Sinister“ gewöhnt haben. Darauf lässt zumindest die stark divergente Resonanz von Kritikern und privaten Kinogängern in vielen Ländern schliessen, wo der Film bereits seit knapp einer Woche läuft.

Darum geht es

Familie Graham führt ein beschauliches Leben: Annie (Collette) ist eine liebevolle Mutter und lebt zusammen mit ihrem Mann Steve (Gabriel Byrne) und ihren beiden Kindern Peter (Alex Wolff) und Charlie (Milly Shapiro) etwas abgelegen am Waldrand. Als Annies Mutter Ellen, das Oberhaupt der Familie, stirbt, muss sich die Familie mit mysteriösen und grauenhaften Ereignissen auseinandersetzen.

Nach und nach kommen die furchterregenden Geheimnisse ihrer Ahnen ans Licht. Für Annie, Steve, Peter und Charlie beginnt plötzlich ein Wettlauf gegen ihr dunkles und unheilvolles Schicksal, das ihre Ahnen ihnen hinterlassen haben…

Das macht „Hereditary“ anders

Regisseur Ari Aster, der bislang nur Kurzfilme gemacht hat und mit „Hereditary“ sein Spielfilm-Debüt feiert, verzichtet weitestgehend auf die obligatorischen „Jumpscares“, also plötzlich auftauchende optische oder auditive Spitzen, die einen quasi automatisch erschrecken. Bei vielen Horror-Traditionalisten verpönt, gehörten diese aber zum (guten) Ton in gefühlt jedem Streifen der letzten Jahre dazu. Ein Trend, den einst „Paranormal Activity“ lostrat und nun von „Hereditary“ gebrochen wird. Vielen Kritikern scheint das zu gefallen, vielen Kinogängern eher nicht…

Gänzlich darauf verzichtet wird in „Hereditary“ zwar auch nicht, im Kern setzt der Streifen aber verstärkt auf Horror durch Atmosphäre. Ungewöhnliche Kameraeinstellungen steuern befremdliche Schauwerte bei und die Geschichte des steigenden Wahnsinns entfaltet sich vergleichbar mit jener von „The Shining“. Vielen Anhängern aktueller Horror-Konventionen ist das wohl zu gemächlich. Zumal der Film mit einer Lauflänge von zwei Stunden einiges an Sitzfleisch einfordert.

Fazit:

Fans von atmosphärischen, traditionellen Horror-Dramen der Marke „Rosemary’s Baby“ werden „Hereditary“ lieben. Konditionierte Anhänger der „Haunted House“-Revolution der letzten Jahre wohl ihre „Jumpscares“ vermissen. Alleine wegen Toni Collettes durch Mark und Bein dringende Performance ist das Debüt von Ari Aster aber mehr als nur einen Blick hinter vorgehaltener Hand wert.

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