Moses Pelham: «Dem Schlager glaube ich kein Wort»

Moses Pelham hat die „Geteiltes Leid“-Trilogie hinter sich gelassen und geht mit seinem neuen Album „Herz“ einen anderen Weg. Welcher das ist, verrät er im Interview.

Nach dem Abschluss seiner „Geteiltes Leid“-Trilogie, dem Mammut-Projekt, das Moses Pelham 1998 begonnen hat, öffnet der Frankfurter Künstler mit seinem neuen Album „Herz“ ein gänzlich neues Kapitel. Was dieser „Neuanfang“ inhaltlich und musikalisch mit sich bringt, verriet er im Interview.

Ihr letztes Album „Geteiltes Leid 3“ hat die „Geteiltes Leid“-Trilogie abgeschlossen. Sprechen Sie im ersten Track auf „Herz“ deshalb von einem „Neubeginn“?

Moses Pelham: Ja, auch. Die Idee zur Trilogie hatte ich 1998. Damals wusste ich aber noch gar nicht, worauf ich mich da eigentlich eingelassen hatte. Zwischendrin habe ich mich auch gefragt, was ich da nur angefangen habe. Aber heute bin ich sehr froh, dass ich das ordentlich zu Ende gebracht habe und dass ich dieses Mal von vorne anfangen konnte.

Was beinhaltet dieser Neubeginn für Sie? Musikalisch als auch inhaltlich?

Pelham: Zunächst, dass ich eine Platte machen konnte, die sich von der Überschrift her nicht mit Leid auseinandersetzt. Obwohl das ohnehin ein grosser Bestandteil meiner Kunst ist: festzuhalten, was mich irritiert, stört, belastet oder was auch immer. Aber auch darüber hinaus zu schauen. Ich bin immer auch auf der Suche nach positiven Dingen, einer gewissen Konstruktivität, die mich weiterbringt. Nach neuen Dingen Ausschau zu halten, hat mir schon sehr gut getan.

Sie haben fünf Jahre zwischen „Herz“ und dem letzten Album gelassen. Lag das daran, dass Sie sich nach dem Abschluss der Trilogie in gewisser Weise neu erfinden mussten?

Pelham: Nein. Daran lag es nicht. Zwischen „Geteiltes Leid 2“ und „Geteiltes Leid 3“ war ja noch eine längere Pause. In dieser Zeit war ich ein wenig unzufrieden, dass ich aus einem Reflex heraus über jeden Beat zuerst einen Battle-Rap geschrieben habe. Es hat mir zwar Spass gemacht, diese zu schreiben, aber es hat mir keinen Spass mehr bereitet, sie anzuhören. Ich hatte das Gefühl, dass ich darüber hinausgewachsen bin. Ausserdem fehlte mir die Konstruktivität. Da habe ich begonnen, mich damit zu beschäftigen, welche Musik ich auch mit fortgeschrittenem Alter für angemessen und vernünftig halte. Dafür habe ich eine Weile gebraucht, aber mit dem Ergebnis bin ich jetzt sehr glücklich. Von daher würde ich sagen, dass ich jetzt am gleichen Punkt bin, wie ich bei „Geteiltes Leid 3“ war. Ich denke, der grösste Unterschied ist der Sound. Die alte Platte klang viel mehr nach Live-Band, während „Herz“ viel mehr Drum-Computer beinhaltet. Ähnlich wie bei „Nicht Von Dieser Welt 2“ von Xavier Naidoo und „Kraft“ von Glashaus.

Dazu kommt noch viel weniger Gesang. Ist das eine Art „Back To The Roots“? Schlicht ein Beat aus dem Drum-Computer und darüber Rappen.

Pelham: Total, aber ich meinte mehr die Sounds von Drum und Keyboard im Mix mit dem Cello, die wir genutzt haben. Diese haben auch die beiden erwähnten Platten schon bestimmt. Dass „Herz“ noch viel reduzierter klingt, liegt eben daran, dass ich diese zwei Alben gemacht habe. Darauf war sehr viel Gesang zu hören und ich hatte bei meiner eigenen Musik einfach Lust darauf, das ein wenig zu reduzieren. Das wünsche ich mir schon lange, ich bringe es nur meisten nicht übers Herz. Es ist ja auch trotzdem hier und da Gesang zu hören, und wenn er kommt, bin ich, wenn ich die Platte am Stück höre, einfach dankbarer dafür. Weil man zwischendrin auch mal durchatmen kann und überhaupt hören kann, was die Drums da eigentlich machen.

Sie haben einmal gesagt, dass die Menschen, die Sie bis jetzt am meisten in ihrer Musik zitiert haben, die Böhsen Onkelz, Rakim und Goethe sind. Wieviel von diesen Künstlern steckt dieses Mal in den Texten zu „Herz“.

Pelham: Am meisten und am offensichtlichsten wahrscheinlich wieder von Goethe. Aber die anderen beiden Künstler waren für meine musikalische Sozialisierung so wichtig, dass sie wahrscheinlich trotzdem irgendwo mitschwingen, ohne das jetzt an einem Zitat festmachen zu können.

Warum sind und waren die Böhsen Onkelz so wichtig für Sie?

Pelham: Das ist eigentlich weniger eine musikalische Sache, sondern die Onkelz waren die erste deutschsprachige Band, bei der ich glaubte, was ich hörte. Alles davor war entweder Schlager, wo ich kein Wort glaube, oder zu ironisch und cool, um sich wirklich zu öffnen und dadurch Angriffsfläche zu bieten. Das war für mich und meine Entscheidung, den Versuch zu unternehmen, deutschsprachige Musik zu machen, entscheidend. Ich wusste 1990/91 schon, ohne die Onkelz gehört zu haben, dass, wenn ich Rapp in Deutschland machen will, er auf Deutsch sein muss – ich hatte nur Zweifel daran, dass es geht. In dem Moment, als ich Onkelz dann hörte, waren alle diese Zweifel ausgeräumt.

Vorheriger ArtikelAaron Carter bricht in Schwulenclub in Tränen aus
Nächster ArtikelMiley Cyrus: Ist das etwa ein Ehering?