Schauspielerin Paula Beer: Der kommende Weltstar?

Die deutsche Schauspielerin Paula Beer ist vor allem durch die TV-Serie „Bad Banks“ bekannt. Mit „Undine“ startet nun ein Film, der ihr den Silbernen Bären eingebracht hat. Schafft sie damit den Sprung nach Hollywood?

Die hohen Wangenknochen, das Katzenhafte, die wassergrünen Augen, das Lächeln. Alles wirkt so tiefgründig, so geheimnisumwittert, so rätselhaft. Eigentlich sind das die Attribute, die einen Star ausmachen. Einen echten Star, keinen aus der Retorte der Castingshows. Die neue Romy Schneider (1938-1982). So hat man sie in Frankreich bejubelt. So ein Vergleich ist mehr als schmeichelhaft, doch sie findet, dass sie Romy gar nicht ähnlich sehe. Vielleicht ist es auch die Eindringlichkeit ihres Blicks, der an die Filmlegende, die 1982 so tragisch ums Leben kam, erinnern lässt.

Dabei ist sie einfach nur: Paula Beer. 25 Jahre jung. Der neue Kino- und TV-Star aus Deutschland. Nicht mehr und nicht weniger. Das muss man über die gebürtige Mainzerin wissen.

Auf den Spuren von Jennifer Lawrence?

Am 2. Juli 2020 kommt Paula Beers neuer Film „Undine“ in die Kinos. Sie spielt darin eine geheimnisvolle Historikerin, die sich in einen Industrietaucher verliebt, in Wahrheit aber als Wassergeist dazu verdammt ist, jeden untreuen Geliebten zu töten.

Für diese Rolle wurde Paula Beer auf der Berlinale 2020 mit dem Silbernen Bären als beste Darstellerin geehrt. Es ist nicht ihre erste grosse Auszeichnung. Trotz ihres jungen Alters hat sie u.a. bereits den Bayerischer Filmpreis, den Deutschen Schauspielpreis, den Deutschen Fernsehpreis und den Grimme-Preis erhalten. 2016 wurde ihr bei den Filmfestspielen von Venedig der international renommierte Marcello-Mastroianni-Preis verliehen, eine Ehre, die 2008 auch die Karriere von Oscar-Siegerin Jennifer Lawrence (29, „Silver Linings“) wie ein Turbo beschleunigt hat.

Paula Beer wurde am 1. Februar 1995 als Tochter eines Künstlerehepaars in Mainz geboren. Nach dem Umzug nach Berlin besuchte sie eine Montessori-Schule, an der Talente und Kreativität von Kindern besonders gefördert werden. Bereits mit acht nahm sie an einem Theaterkurs teil, ab zwölf stand sie vier Jahre lang als Mitglied des Jugendensembles des Friedrichstadtpalastes in Berlin auf der Theaterbühne.

Schauspielerin – das war von Kind an ihr Ziel, obwohl sie die natürliche kindliche Scheu überwinden musste. „Ich hatte grosse Angst davor, aber einmal auf der Bühne, hatte ich ein Gefühl der Fülle“, sagte sie einst in einem Interview mit dem „Figaro“.

Kritikerlob gleich bei der ersten Filmrolle

Sie war eine gute Schülerin und hat bis zum Abitur sogar zwei Klassen übersprungen. Sie war 14, als sie von einer Schauspielagentin quasi auf dem Schulhof entdeckt wurde. Eigentlich wollte Paula an diesem Tag wegen angeblicher Bauchschmerzen blau machen. Beim Casting setzte sie sich gegen 2.500 Kandidatinnen souverän durch – und bekam die weibliche Hauptrolle in „Poll“ (2010), einem Historiendrama aus der Zeit um 1914. An der Seite von Edgar Selge (72) spielte sie die Aristokratentochter Oda, die sich in einem estischen Anarchisten verliebt.

Begeistert schrieb die „Berliner Morgenpost“ über das Debüt des Mädchens: „Ihr Blick war so stark, dass er einen magisch anzog. Mit einem Augenaufschlag kann sie mehr transportieren als andere in zehn Sätzen. Beer war so wenig Kind während der Arbeit, dass man als Aussenstehender irgendwo zwischen Faszination und Irritation am Set stand.“

Nach dem Abitur ging Paula Beer nach Frankreich. „Ich war vorher noch nie in Paris, kannte niemanden dort und mein Französisch war so mittelmässig-schlecht. Dann bin ich ein Jahr geblieben und habe dadurch schon einmal die Angst verloren, die Sprache zu sprechen. Ich war gerade 18 Jahre alt, habe alleine gelebt und mich in dieser fremden Stadt zurechtgefunden. In dieser Zeit habe ich viel von meiner Selbstständigkeit bekommen […]“, sagte sie der „Stuttgarter Zeitung“.

Dann engagierte sie der französische Regisseur François Ozon (52) für die weibliche Hauptrolle des Melodrams „Frantz“ (2016), das kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs spielt. Der Film erregte international grosses Aufsehen, vor allem durch Paula Beer, die dafür in Venedig als beste Nachwuchsschauspielerin ausgezeichnet wurde. Ozon war von ihr fasziniert und schwärmte unter anderem: „Sie war erst zwanzig Jahre alt, aber ihr Spiel zeugte von grosser Reife. Sie konnte sowohl die Unschuld eines Mädchens verkörpern, als auch die Kraft einer Frau […]“.

Dank „Bad Banks“ der grosse Durchbruch

In Deutschland hatte sie ihren grossen Durchbruch mit der mehrfach preisgekrönten Serie „Bad Banks“ (ZDF, Arte), in der Rolle der ehrgeizigen Investmentbankerin Jana Liekam, eine skrupellose junge Frau, die aber auch eine sehr verletzliche Seite hat. Und wieder fasziniert die feingliedrige, ja anmutige Paula Beer, mit welcher Eindringlichkeit sie diese gerissene, scheinbar gewissenlose Managerin im Grössenwahn einer durchgeknallten Finanzwelt spielt.

Sie könne das alles darstellen, „das Harte, das Zarte“, weil sie sich immerzu akribisch vorbereite, zitiert sie der „Stern“. Sie sei da sehr „systematisch“ und „pingelig“. „Ich kann Janas Panikattacken nur spielen, wenn ich mich 20 Stunden damit beschäftigt habe. Das ist meine Verantwortung.“

Obwohl sie immer Schauspielerin werden wollte und in ihrer Planung kaum etwas dem Zufall überlässt, hat sie nie eine Schauspielschule besucht, ausser einem Sommerkurs an der Londoner Guildhall School of Music and Drama. Dafür hat sie seit fast zehn Jahren den Schauspiel-Coach Frank Betzelt engagiert. Im „Stern“ urteilt er über seinen Schützling, Paulas grosse Kunst liege auch darin, sich so tiefgründig auf die Welt der Figur, auf jeden Moment vorzubereiten, dass sie am Set komplett loslassen und impulsiv spielen könne. „Sie verschwindet völlig in ihren Figuren und blüht in ihnen auf.“

Geheimnisumwoben im Privatleben

So spektakulär sie vor der Kamera zu agieren vermag, so zurückgezogen und unauffällig ist Paula Beer im Privatleben. Sie ist bescheiden, zurückhaltend, wirft nicht mit Geld um sich. „Es gibt auch nichts, wovon ich sagen würde, das brauche ich in meinem Leben, das möchte ich mir kaufen“, so die Beer zur „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Es gibt keine Skandale, keine Affären.

Im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen verzichtet sie auf Facebook & Co. Es sei für sie „erschreckend, wie viel auf dieser medialen Ebene passiert. Ich erlebe manchmal so tolle Sachen. Dann sehe ich mich um und alle sind nur mit ihrem Handy beschäftigt. Deshalb bin ich ein bisschen provokativ und mache es gar nicht, weil ich das so schade finde. Denn dadurch geht so viel verloren.“ Sie habe „eben mehr Spass daran, im Park beim Picknick zu sitzen, als zu überlegen, was meine nächste Insta-Story sein könnte.“

Bei aller Liebe zur Schauspielerei sei ihr „immer das Private wichtiger als der Beruf“. Wenn ihre beste Freundin Liebeskummer habe, gehe das vor, sagte sie der „Stuttgarter Zeitung“. Nur ein „stabiles privates Umfeld“ könne einem „Zufriedenheit geben“, so Beer weiter. Sonst lebe man „irgendwann in einer Arbeitsblase“.

Wer ihr die grösste Zufriedenheit gibt, darüber spricht sie nicht. Das ist und bleibt Paula Beers Geheimnis.

Vorheriger ArtikelJay-Zs „Made in America“-Festival 2020 wegen Corona abgesagt
Nächster ArtikelHollywood-Stars dürfen ans Filmset, aber nicht in die Bar