René Kollo: Es gibt nur wenige Stars wie Helene Fischer

Der Berliner Sänger René Kollo denkt nicht an den Ruhestand und kehrt mit seinem neuen Album in die Schlagerszene zurück. Im Interview blickt er auf seine Karriere zurück.

Auch mit 82 Jahren ist noch lange nicht Schluss. Startenor René Kollo war in seinem Leben nicht nur auf den Opernbühnen zu Hause, sondern überzeugte auch in der Schlagerbranche. Mit „Hello, Mary Lou“ schaffte er Anfang der 1960er Jahre seinen Durchbruch, nun kehrt er zu seinen musikalischen Wurzeln zurück. Mit dem Album „Meine grosse Liebe“ interpretiert er seine grössten Schlager-Hits neu. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht René Kollo über seine grosse Karriere und warum ihn Helene Fischer (36) so begeistert.

Warum wollten Sie mit Ihrem neuen Album noch einmal zu Ihren Wurzeln zurückkehren?

René Kollo: Für mich schliesst sich gerade musikalisch ein Kreis und ich kehre mit der „Mary Lou“ – nach 50 Jahren Opernbühne – zu meinen musikalischen Anfängen zurück. Deshalb will ich ihr mit dem neuen Album „Danke“ für diesen wunderbaren Jahre auf der Bühne sagen. Denn die Musik in all ihren Facetten ist und bleibt meine grosse Liebe.

Mit „Hello, Mary Lou“ legten Sie vor etwa 60 Jahren den Grundstein für Ihre grosse Karriere. Wie blicken Sie auf Ihre Anfänge zurück?

Kollo: Alles, was kam, kam durch den Erfolg mit der „Mary Lou“. Wissen Sie, davor war ich vollkommen unbekannt. Als der Titel veröffentlicht wurde, verdiente ich plötzlich Geld, hatte eine schöne Wohnung, es ging mir gut und das alles kam durch den Erfolg mit „Mary Lou“. Ich konnte mit Max Greger oder Zarah Leander auf Tour gehen und meinen Gesangsunterricht finanzieren. Die „Mary Lou“ ebnete mir den Weg in die Welt hinaus und deshalb bin ich ihr sehr dankbar und bringe sie jetzt in Ehren neu interpretiert noch einmal auf die Bühne.

Auf was sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken?

Kollo: Sehr wichtige Stationen in meiner Karriere waren die Auftritte in Bayreuth bei den Richard-Wagner-Festspielen und natürlich meine Zusammenarbeit mit Herbert von Karajan. Als Herbert von Karajan während der Meistersinger-Aufnahmen über mich sagte: „Auf diesen Stolzing habe ich 40 Jahre gewartet“, war das natürlich damals für mich ein Stempel für die Welt. Viele grosse Dirigenten haben meine Karriere geprägt und begleitet, angefangen von Sir Georg Solti, mit dem ich Wagners Tannhäuser mit den Wiener Philharmonikern aufgenommen habe. Und wen ich unbedingt noch erwähnen möchte, ist Carlos Kleiber, mit dem ich „Tristan und Isolde“ aufgenommen habe.

Im November feiern Sie Ihren 83. Geburtstag. Wie halten Sie sich so fit?

Kollo: Ich habe kein spezielles Fitness-Programm. Ich liebe es, mit meinem Hund spazieren zu gehen, koche ganz gerne und entspanne bei guter Musik. Was ich aber sagen kann, ich lebe ausgeglichen. Ich glaube, das ist die Voraussetzung, auch im Alter gesund zu bleiben und bei mir auch noch aktiv singen zu können.

Haben Sie jemals übers Aufhören nachgedacht?

Kollo: Wenn jemand wie ich über 60 Jahre auf der Bühne steht, dann kann man nicht so einfach aufhören. Mich nur in mein Privatleben zurückzuziehen, war für mich zu keiner Zeit eine Option. Ich liebe einfach die Bühne, die Musik und ich vermisse es sehr, dass ich momentan nicht touren kann.

Was halten Sie von den aktuellen Stars der Schlagerszene? Gibt es eine Sängerin oder einen Sänger, in der oder dem Sie besonders viel Potenzial sehen?

Kollo: Ich muss gestehen, dass ich nur einen kleinen Teil der jungen Künstler in der Schlagerszene kenne. Aber wenn ich jemanden nennen soll, der für mich für grosse Professionalität und Talent steht, dann ist es Helene Fischer. Ihre Shows sind aufwendig inszeniert und man muss einfach sagen, es gibt nur wenige, die das so können wie sie.

Als Wagner-Tenor haben Sie eine Weltkarriere auf den Opernbühnen hinter sich. Wie haben Sie dem immensen Druck in der Branche standgehalten?

Kollo: Der Druck in der Branche hat mich nie interessiert. Den „Tristan“ wirklich gut zu singen, das war für mich ausreichend Druck, dem ich mich aber natürlich gerne ausgesetzt habe. Aber was da so hinter den Kulissen lief, hat mich überhaupt nicht interessiert.

Die Corona-Krise geht mit hohen Einbussen für die Kulturbranche einher. Wie sehr sind Sie selbst von der Krise betroffen?

Kollo: Die komplette Kulturbranche ist natürlich stark von der Krise betroffen. Wir haben zum Beispiel die Veröffentlichung meines neuen Albums verschoben. Für etablierte Künstler ist es leichter, diese schwierige Zeit zu überbrücken – ich habe Rücklagen, bekomme eine Rente und kann mich damit finanzieren. Für jüngere Leute ist die Situation ungleich schwieriger.

Welche Folgen wird die Corona-Krise Ihrer Meinung nach auch langfristig auf die Musikbranche haben?

Kollo: Man kann nur hoffen, dass im kommenden Jahr mehr Veranstaltungen in angepasster Form wieder möglich sein werden. Ich glaube aber, dass auch nach dem Ende der Pandemie diese Zeit unser gesellschaftliches Miteinander verändert haben wird.

Gibt es einen Traum, den Sie sich gerne noch erfüllen wollen?

Kollo: Nein, ich erfülle mir gerade mit dem neuen Album einen Traum. Und habe eher einen Wunsch: Ich hoffe, dass ich auch noch einmal mit den neuen Songs auf Tournee gehen kann.

Für einige Ihrer Fans sind Sie eine Schlager-Ikone, für die anderen ein Heldentenor. Warum muss sich das nicht ausschliessen?

Kollo: Unterhaltung ist alles: Schlager und Operette – aber auch jede Sinfonie und jede Oper sind Unterhaltung, denn sie sind von den Komponisten geschrieben worden, damit die Leute sie hören, lieben und mögen und der Komponist auch etwas daran verdient. Aber ich kann mich nur Leonard Bernsteins Feststellung anschliessen, der gesagt hat: „Es gibt nur gute und schlechte Musik“. Und ich glaube mein Publikum, ob in der sogenannten „E“- und „U“-Musik, wollte einfach gut unterhalten werden. Und irgendwie ist mir das wohl auch gelungen.

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