Thilo Mischke: Das will er mit seiner neuen Doku über Armut zeigen

Nach seiner aufrüttelnden Doku „Rechts. Deutsch. Radikal.“ über Rechtsextremismus in Deutschland widmet sich Journalist Thilo Mischke in seiner Reihe nun dem Thema Armut. Welche Facetten dieses heute haben kann, erklärt er im Interview.

Mit seiner Dokumentation „Rechts. Deutsch. Radikal.“ über die selbstbewusste rechtsextreme Szene in Deutschland hat Journalist und Autor Thilo Mischke (39) in der vergangenen Woche für Aufsehen gesorgt. In seiner neuen Reportage „Spezial: Von Armut bedroht“ (Montag, 5. Oktober, 20:15 Uhr auf ProSieben) trifft er nun auf Menschen an der Armutsgrenze. „Armut sieht nicht so aus, wie es uns einige Medien vermitteln wollen“, erklärt er im Interview mit spot on news. „Sie kann jedes Gesicht tragen, es gibt nicht ‚das Gesicht‘ der Armut – Mütter, Abiturienten, Hauptschüler, Selbstständige. Das ist wohl das Erschreckende.“

Jede Facette habe ihn auf eine andere Art bewegt. „Zum Beispiel Monique, die alleinerziehende Mutter, die unter keinen Umständen als ‚arm‘ zu bezeichnen ist. Aber: Sie hat drei Jobs, ein Kind, und am Ende des Monats wird es trotzdem manchmal eng.“ Sein eigenes Bild von Armut habe sich durch die Doku nicht verändert. Er kenne sie aus Berlin, sie sei in dieser Grossstadt spürbar. „Was ich aber wollte, war ein echtes, wirkliches Abbild zu ermöglichen.“

In der heutigen Zeit wirke es auf ihn, als „wären potenziell mehr Menschen von Armut bedroht, was nicht zuletzt am zu verurteilenden Niedriglohnsektor liegt. Es scheint, als habe es früher, also im vergangenen Jahrhundert, eine sichtbare Grenze gegeben. Die Arbeiterfamilie, die Tagelöhner, die Hilfsarbeiter und dann der Rest.“ Er selbst sei zwar in der DDR aufgewachsen und seine Eltern hätten wenig verdient, sie hätten es ihn aber nie spüren lassen. Wovor er sich fürchte, sei die Armut im Alter – „Ein Leben lang gearbeitet, um in Sorge zu sterben.“

Recherche in der rechten Szene war „intensive und belastende Zeit“

Zuletzt hatte Mischke mit der Reportage „Rechts. Deutsch. Radikal.“ einen grossen Erfolg gefeiert. „Die Recherchen für diesen Film waren die aufwendigsten, die ich je für einen Film oder Artikel gemacht habe. 18 Monate in rechten Kreisen. Es war eine intensive und belastende Zeit“, blickt er im Interview zurück. Mischke kommt in der Doku mit Protagonisten mit mehr oder weniger offen rechtsextremer Gesinnung ins Gespräch und lässt dies von Experten einschätzen.

Angst um die Demokratie habe er nach einem Gespräch mit dem Verfassungsschutz bekommen. „Die Methode der rechtsextremen ist das sogenannte Mosaik. Wer Rechtsextremismus aus der Nähe betrachtet, erkennt nicht das Gesamtbild. Mit diesem Film wollten wir einen Schritt zurück machen und das Gesamtbild zeigen. Was wir gesehen haben, war und ist erschreckend.“

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