Howard Carpendale: „Ich fühle mich überhaupt nicht wie 75“

Howard Carpendale feiert im Januar seinen 75. Geburtstag. Über das Älterwerden denkt er jedoch nicht nach. Im Interview verrät er, was ihn jung hält und was ihn mit Elvis Presley verbindet.

Howard Carpendale (74, „Ti amo“) feierte mit seinem letzten Album „Symphonie meines Lebens“ grosse Erfolge. Nun legte der Schlagersänger nach und veröffentlichte am vergangenen Freitag (23. Oktober) die Fortsetzung „Symphonie meines Lebens 2“, bei der ihn wieder das britische Royal Philharmonic Orchestra begleitet. Aufgrund der Corona-Krise lief die Arbeit für den zweiten Teil jedoch anders ab, denn Carpendale konnte selbst nicht nach London reisen. Was der Schlagersänger von der neuen Art der Zusammenarbeit gelernt hat und wie er sich jung hält, hat er im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news verraten. Ausserdem erklärt er, warum die Corona-Krise für die Musikbranche eine „Katastrophe“ ist.

Die Arbeit am Album „Symphonie meines Lebens 2“ lief diesmal etwas anders ab als beim ersten Teil. Sie konnten nicht selbst in London sein.

Howard Carpendale: Ich wäre gerne noch einmal mit in London gewesen. Das war eine unglaubliche Sache dort zu sitzen und das Royal Philharmonic Orchestra anzuhören, das meine Lieder spielte, die ich einmal allein oder mit meinem Co-Komponisten Joachim Horn-Bernges komponiert hatte. Ich wünschte, er wäre dabei gewesen. Für den zweiten Teil haben wir nun alles am Telefon geklärt. Das Orchester wurde in zwei Schichten aufgenommen, die Musik kam dann nach München und dort haben wir das Album fertiggestellt. Ich habe bei der Arbeit mit dem Orchester gelernt, dass ich mich davon nicht zudecken lasse, sondern es als Begleitung betrachte. Man ist eben sehr beeindruckt, was man da im Kopfhörer hört und verliert sich darin.

Wie sehr freuen Sie sich darüber, dass Sie noch einen zweiten Teil der „Symphonie meines Lebens“ aufnehmen konnten?

Carpendale: Als die Plattenfirma mir das vorgeschlagen hat, habe ich mit grosser Freude zugestimmt. Das Royal Philharmonic Orchestra nimmt nur maximal einmal im Jahr ein Album auf. Der einzige, der mehr Aufnahmen mit ihnen gemacht hat, war Elvis Presley, danach komme ich. Ich wollte immer etwas mit Elvis zu tun haben.

Auf dem Album sind auch Duette mit Kerstin Ott und Giovanni Zarrella zu hören. Was schätzen Sie an Ihren Kollegen?

Carpendale: Das sind zwei Menschen, die ich in dieser Branche ganz besonders mag. Wir hatten sehr grossen Spass miteinander. Es gibt oft Duette von Musikern, die zusammenkommen, weil einer davon einen grossen Namen hat. Hier war es anders: Mit Giovanni ist es ein Duett, das zwei Freunde miteinander singen. Wir telefonieren auch regelmässig miteinander. Ich kann es nicht abwarten, den Titel mit ihm live oder in einer TV-Show zu singen. Das gleiche gilt für Kerstin. Sie hat selbst zu mir gesagt, für sie sei es wie eine Liebeserklärung an mich. Ihr macht es sehr viel Spass, mit mir zu singen, und umgekehrt ist es genauso.

Immer wieder betonen Sie in Interviews, dass ein Abschied von der Bühne für Sie undenkbar wäre. Warum wollen Sie immer weitermachen?

Carpendale: Ich kann mir nicht vorstellen, wie die meisten Menschen auf dieser Erde die letzten 20 Jahre meines Lebens ohne Ziele beim Briefmarkensammeln zu verbringen. Das ist nicht mein Ding. Meine letzten Konzerte in Berlin hatten eine Resonanz, wie ich sie noch nie erlebt habe. Mit dieser Tournee „Die Show meines Lebens“ möchte ich gerne auch weiterhin unterwegs sein, aber wir können nicht weitermachen, bis man uns grünes Licht gibt.

Im Januar feiern Sie bereits ihren 75. Geburtstag. Wie geht es Ihnen mit dem Älterwerden?

Carpendale: Über das Älterwerden denke ich nicht nach. Ich staune immer, wenn jemand die Zahl erwähnt, weil ich ein so junges Team um mich herumhabe. Fast alle Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, sind 20 Jahre jünger als ich. Das hält mich sehr jung. Ich fühle mich überhaupt nicht wie 75. Beim Körper ist es etwas anders, aber was den Kopf angeht, interessiere ich mich noch für alles, was bis zu einer gewissen Generation passiert. Die heutigen 20-Jährigen sind schon wieder ganz anders als meine beiden Söhne, die schon in ihren 40ern und 30ern sind. Daher kann ich nicht behaupten, dass ich mich über die ganze Musik informiert habe, die die jüngere Generation hört. Ich mache aber Social Media mit, allerdings gehe ich da nicht in die Tiefe. Es gibt viele Leute, die fragen: Glaubt ihr wirklich, dass Howard das geschrieben hat? Ja! Ich bescheisse mein Publikum nicht.

Wie traurig sind Sie darüber, wegen der Corona-Krise derzeit nicht live auftreten zu können?

Carpendale: Das klingt alles so harmlos, aber es ist eine Katastrophe. Nicht wegen mir, sondern wegen der Leute, die hinter der Bühne arbeiten. Da gibt es momentan Tausende betroffene Menschen. Ich habe eine Truppe, die arbeitet auf Tourneen auch für Peter Maffay oder Herbert Grönemeyer. Ich weiss derzeit nicht, wie wir sie wieder zusammenholen können, wenn das alles vorbei ist. So geht es auch den Musikern. Für das Royal Philharmonic Orchestra könnte es sogar die letzte Platte gewesen sein, die die Musiker zusammen aufgenommen haben. Das Orchester könnte auseinanderfallen. Die Politik ist mit der Kulturbranche nicht gut umgegangen. Es ist ein Unding zu sagen, Kultur sei nicht systemrelevant. Das ist nicht richtig. Beim Fussball funktioniert es ja auch.

Wie schätzen Sie die Zukunft für die Livebranche ein?

Carpendale: Wir sind noch nie in einer solchen Situation gewesen, dass wir von einem solchen Virus abhängig sind. Bevor wir keinen Impfstoff haben, wird sich nichts ändern. Man dreht sich im Kreis. Das Virus wird nicht irgendwann sagen: Ich habe jetzt genug gegessen.

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