Immer mehr Widerstand: Sind die Corona-Regeln in Büros zu lasch?

Das Privatleben ist so gut wie abgeschafft, die Arbeitswelt aber kaum reguliert: Die politische Strategie in der Corona-Bekämpfung stösst immer mehr auf Widerstand. Was gilt derzeit überhaupt in Büros und Arbeitsstätten?

Trotz hartem Lockdown scheinen die Infektionszahlen und vor allem die Todeszahlen in der Corona-Pandemie weiterhin hoch zu bleiben. Jetzt werden die Rufe immer lauter, auch die Arbeitswelt stärker zu reglementieren, zielen doch bis dato die allermeisten Corona-Massnahmen lediglich auf das Privatleben und die Freizeitaktivitäten ab. So fordert unter anderem auch der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (64, Die Linke) nun einen Lockdown für die Wirtschaft.

Die Last werde vor allem von Gastronomen, Einzelhändlern, Kulturschaffenden und Kindern getragen. Deswegen wolle er auch die Wirtschaft in eine Pause schicken, so Ramelow in einem Interview mit „MDR aktuell“. Auch die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt (54) fordert mehr Corona-Schutz für Arbeitnehmer. „Vor allem Grossraumbüros sind Risikogebiete“, sagte sie der Funke-Mediengruppe. Halbherzige Bitten an die Arbeitgeber würden nicht ausreichen, es brauche Regelungen.

„Kinderspaziergang härter reguliert als Arbeitsplätze“

Der Blogger und Journalist Sascha Lobo (45) stellte in einem launischen Kommentar im Magazin „Der Spiegel“ darüber hinaus die überspitzte Frage: „Wieso ist buchstäblich jeder Kinderspaziergang härter reguliert als die Arbeitsplätze?“ Doch stimmt das überhaupt? Man muss zugegeben: ja! Ein Beispiel: Geschwisterkinder dürfen aufgrund der neuen Regeln nur noch getrennt voneinander und ohne Eltern in der Nähe mit einem gemeinsamen Freund auf dem Spielplatz toben. Es bleibt aber erlaubt, zu zwanzigst acht Stunden am Stück in einem Grossraumbüro zu sitzen.

So greifen generell sämtliche Ausgangsbeschränkungen oder 15-Kilometer-Regelungen immer dann nicht, wenn sich die Person auf dem Weg zu oder vom Arbeitsplatz befindet. Gleiches gilt für die Kontaktbeschränkungen. Ein Recht auf Homeoffice, wie Göring-Eckardt es fordert, existiert ebenfalls nicht. Ein Arbeitnehmer muss also ins Büro, wenn sein Chef das fordert – selbst wenn seine Arbeit ohne Probleme von Zuhause aus erledigt werden könnte.

Das gilt in Büroräumen

Vor Ort gelten dann überraschenderweise auch nur sehr wenige Regelungen, die noch nicht einmal mit den strengen Auflagen von Gastronomie oder Kulturbetrieben vor dem Lockdown vergleichbar sind. Zwar gibt es Maskenpflicht in Gemeinschaftsräumen und wenn ein Abstand von 1,5 Metern am direkten Arbeitsplatz nicht gewährt werden kann.

Alles andere sind jedoch im Prinzip freiwillige Massnahmen der Arbeitgeber. Aufforderungen ja, Pflichten nein. Auch eine Obergrenze für Menschen in Grossraumbüros gibt es nicht. Die Politik belässt es bislang bei Appellen, um zum Beispiel Homeoffice möglich zu machen, häufig zu lüften oder Produktionsabläufe im Hinblick auf den Infektionsschutz anzupassen. Mehr nicht.

Kollateral-Infektionen in den öffentlichen Verkehrsmitteln?

Kritisiert wird dies nun zunehmend auch deswegen, weil es nicht nur in den Arbeitsstätten selbst zu Begegnungen kommt, sondern auch bei der Hin- und Abfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Gerade weil im Winter weniger auf Alternativen wie das Fahrrad zurückgegriffen wird, berichten vor allem in grösseren Städten die Betroffenen immer wieder von vollen U-Bahnen, S-Bahnen, Strassenbahnen und Bussen als gäbe es überhaupt kein Corona. Ein Pandemietreiber, der bislang von der Politik zu wenig beachtet wurde?

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