Trainieren mit Muskelkater: Ist das wirklich eine gute Idee?

Es zieht und spannt: Muskelkater kann das Training unangenehm erschweren. Sollte auf die Bewegung dann lieber ganz verzichtet werden?

Mehr Sport zu treiben gehört zu den wohl am häufigsten gefassten Neujahrsvorsätzen. Macht sich jedoch nach den ersten Trainingseinheiten die Muskulatur bemerkbar und der Körper wird von schmerzhaftem Ziehen geplagt, sinkt oft die Motivation. Trainieren mit Muskelkater – ist das überhaupt sinnvoll und effektiv?

Dr. Lutz Graumann, Sportmediziner aus Rosenheim und Arzt der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, kennt die Antwort. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news klärt der Autor des Buches „Regeneration: Jeden Tag erholt, ausgeschlafen und erfolgreich“ über die richtige Verhaltensweise auf und verrät, wie dem Muskelkater aktiv entgegengewirkt werden kann.

Herr Dr. Graumann, was ist Muskelkater?

Dr. Lutz Graumann: Muskelkater ist ein Schaden, der an der Muskulatur entsteht, wenn diese intensiv gearbeitet hat, vor allem wenn die entsprechenden Muskelpartien dabei gedehnt wurden. Die Zellschäden, kleine Entzündungsreaktionen, bedingen dann den Schmerz. Das Lustige ist, dass der Muskelkater nicht sofort dieses Schmerzbild präsentiert, sondern in der Regel mit einer Verzögerung von etwa 24 Stunden einsetzt. Nach 72 Stunden löst er sich aber zum Glück meist wieder in Wohlgefallen auf.

Ist es denn sinnvoll, trotz Schmerzen zu trainieren?

Dr. Graumann: Das ist abhängig vom Trainingszustand des einzelnen Athleten. Je unfitter ich bin, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich diese 72 Stunden Pause machen muss – in Bezug auf die schmerzende Muskelpartie. Bedeutet: Wenn ich einen riesigen Muskelkater im Po und in den Beinen habe, kann ich trotzdem noch für den Rest des Körpers etwas machen, etwa die Arme oder den Rumpf trainieren.

Welche Risiken drohen, gönnt man dem Körper nicht ausreichend Regenerationszeit?

Dr. Graumann: Wir Menschen wollen immer besser werden. Wenn wir allerdings nicht genug Pause haben und nicht ausreichend regeneriert in die nächste Trainingseinheit gehen, dann begeben wir uns in eine Abwärtsspirale. Wir werden nicht nur nicht besser, sondern wir werden effektiv schlechter. Zudem riskieren wir krank zu werden, weil unser Immunsystem darunter leidet, und laufen Gefahr, dass wir uns verletzten oder Überlastungsschäden oder Entzündungen an Sehnen, Muskeln und Bändern damit hervorrufen.

Was hilft akut gegen Muskelkater?

Dr. Graumann: Um Muskelkater unwahrscheinlicher werden zu lassen, ergibt es Sinn, nach dem Sport Selbstmassagen mit der Blackroll zu machen. Das ist eine der ersten Sachen, die in Studien belegt worden ist. Die Mikroverletzungen sind zwar immer noch da, Selbstmassagen helfen aber, die Schwellungen an den Muskeln nicht allzu gross werden zu lassen. Und durch die optimierte Lymphrückflusssteigerung wird der Muskelkater auch nicht mehr so schlimm ausfallen.

Kann durch die Ernährung ebenfalls Einfluss genommen werden?

Dr. Graumann: Da wir die Muskulatur reparieren und im Idealfall auch optimieren wollen, ist eine Nahrungsunterstützung durch gezielte Eiweissgabe nach dem Training sinnvoll. Die Einnahme davor bringt nichts. Der Zellschaden entsteht so oder so. In der Ayurvedischen Medizin ist es ausserdem populär, Kurkuma zu geben. Denn alles, was Entzündungen moduliert, wird wahrscheinlich auch einen kleinen Einfluss auf den Muskelkater haben.

Gibt es etwas, das Sportler auf gar keinen Fall tun sollten?

Dr Graumann: Das, wovor man alle Trainierenden abschrecken muss, ist der Griff zum Klassiker: Aspirin, Paracetamol, Ibuprofen. Sie alle maskieren den Schmerz natürlich erst einmal, haben aber auch eine gerinnungshemmende Wirkung. Dadurch werden die eigentlichen Mikroeinblutungen am Muskel nur noch schlimmer. Ganz wichtig also: Finger weg von den klassischen Schmerztabletten.

Wie lange darf ein Anfänger maximal Pause machen, um an bisherige Trainingserfolge anknüpfen zu können?

Dr. Graumann: Die Theorie, die dahintersteckt, ist die Superkompensationstheorie. Das heisst, wir müssen Trainingsreize anhand der individuellen Regeneration setzen und wir müssen dem Körper ungefähr sechs bis acht Stunden mehr Zeit geben als er eigentlich benötigt. Dann sind wir nämlich nicht nur auf dem Ausgangsniveau angekommen, sondern können den Körper leicht optimieren. Erst dann sollte der nächste Trainingsreiz erfolgen.

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