Was bringt ein regelmässiger Sehtest für Autofahrer?

Gerade beim Autofahren machen sich schlechter werdende Augen bemerkbar.

Quelle: ALPA PROD/Shutterstock

Autofahrerinnen und Autofahrer müssen vielleicht schon bald regelmässig ihre Fahrtauglichkeit und Sehfähigkeit testen lassen – das plant die EU-Kommission. Warum das durchaus sinnvoll ist, und wie man die Augen trainieren und entlasten kann, erklärt Augenoptikmeisterin Schünemann im Interview.

Geht es nach der EU-Kommission, müssen ältere Autofahrerinnen und Autofahrer bald regelmässig ihre Fahrtauglichkeit prüfen lassen, dazu gehört unter anderem auch ein Sehtest. Laut einer aktuellen Studie von YouGov im Auftrag von Apollo fordert jeder Dritte einen verpflichtenden Sehtest ab 40-49 Jahren oder sogar früher.

Die Mehrheit der Deutschen (rund 59 Prozent) befürwortet sogar regelmässige Sehtests. Doch wie oft ist ein Sehtest überhaupt sinnvoll und wie können wir unsere Augen bestmöglich schützen? Darüber spricht Henrike Schünemann, Augenoptikmeisterin und Regionaltrainerin bei Apollo, im Interview.

Warum könnte ein verpflichtender Sehtest für Autofahrerinnen und Autofahrer ab einem bestimmten Alter sinnvoll sein?

Henrike Schünemann: Die Sehleistung nimmt mit dem Alter ab. Je älter wir werden, desto schlechter können wir sehen. Das ist ein normaler Alterungsprozess, der vor allem das Sehen im Nahbereich betrifft und manchmal sogar längere Zeit unbemerkt bleibt, da er schleichend und langsam verläuft. Presbyopie, umgangssprachlich auch Altersweitsichtigkeit, kann jedoch bereits ab 40 Jahren auftreten. Deshalb ist es sinnvoll, alle zwei Jahre zur Vorsorge zu gehen und die Augen kontrollieren zu lassen. Ab 60 Jahren empfehle ich sogar, alle ein bis zwei Jahre zu gehen. Auch mit dem Auto fahren wir ja alle zwei Jahre zum TÜV – ähnlich sollten wir es auch mit unseren Augen handhaben.

Wer den Führerschein machen möchte, muss jedoch nur vor der Prüfung verpflichtend zu einem Sehtest. Dabei haben viele Menschen das Gefühl, seit ihrer Führerscheinprüfung schlechter zu sehen. Das bestätigen immerhin 52 Prozent der Befragten bei einer repräsentativen Umfrage von Apollo in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov.

Wie oft führen die Deutschen überhaupt allgemein einen Sehtest durch?

Schünemann: Unsere Umfrage hat ergeben, dass der letzte Sehtest bei 46 Prozent aller Befragten zwei Jahre oder deutlich länger zurückliegt. So hat mehr als ein Fünftel der Befragten (27 Prozent) zuletzt vor zwei bis fünf Jahren einen Sehtest absolviert, bei jedem Zehnten liegt dieser fünf bis zehn Jahre zurück (10 Prozent) und bei 9 Prozent ist es sogar mehr als zehn Jahre her. Das ist definitiv nicht häufig genug und auch schwer nachvollziehbar, insbesondere da ein Sehtest so schnell und unkompliziert z. B. beim Optiker durchgeführt werden kann.

Woran erkenne ich (z. B. beim Autofahren), dass meine Augen schlechter bzw. müder werden? Welche Gefahren birgt das?

Schünemann: Eine Verschlechterung der Sehkraft kann sich dadurch bemerkbar machen, dass Gegenstände unscharf und leicht verschwommen erscheinen, die Augen vor Anstrengung weh tun oder sogar tränen. Auch eine erhöhte Lichtempfindlichkeit kann darauf hinweisen, dass die Augen schlechter geworden sind.

Speziell beim Autofahren gibt es verschiedene Symptome, mit denen unser Körper Alarm schlägt. Denn wenn wir müde sind, entsteht Sehstress. Dieser äussert sich in einem erhöhten Lidschlag – wir blinzeln mehr. Unsere Augen sind trocken und brennen, schmerzen oder tränen. Eventuell kommt es bei Überlastung der Augen oder bei Müdigkeit zum Phänomen des latenten Schielens, das Gehirn kann es meistens ausgleichen, nur wenige sehen Doppelbilder. Eine Pause von der Tätigkeit – in diesem Beispiel das Autofahren – von mindestens 10, besser noch 30 Minuten hilft. Am besten geht man dabei an die frische Luft. Wer nicht auf seinen Körper hört und diese Warnzeichen missachtet, kann Autounfälle riskieren, beispielsweise durch Sekundenschlaf.

Oft lässt auch die Sehfähigkeit bei Nacht bzw. im Dunkeln nach, lässt sich das auch bei einem Sehtest überprüfen?

Schünemann: Augenärztinnen und -ärzte können einen speziellen Dämmerungs- bzw. Kontrast-Test durchführen. Für Menschen, die häufig im Dunkeln Auto fahren, mit dem Fahrrad am Strassenverkehr teilnehmen oder zu Fuss unterwegs sind, kann sich eine Brille lohnen, die für Dämmerungslicht entwickelt wurde, eine sogenannte „Autofahrerbrille“. Ihre Gläser spiegeln kaum Lichtreflexe, reduzieren Blendungen und ermöglichen eine bessere Hell-Dunkel-Kontrastwahrnehmung. Somit wird das Autofahren stress- und ermüdungsfreier für die Augen und die Konzentration bleibt länger erhalten.

Gibt es eine Möglichkeit, die Sehkraft der Augen zu trainieren?

Schünemann: Augenübungen können unterstützend wirken, indem die Sehmuskulatur angeregt wird. Zum Beispiel ist die 20-20-20-Methode einfach und effektiv: Alle 20 Minuten sollte man 20 Sekunden mindestens 20 Fuss (ca. 6 Meter) weit blicken. Denn in die Ferne zu schauen, trainiert den Sehmuskel. Viele Menschen von uns schauen sehr lange aus sehr kurzer Entfernung auf Monitore. Dabei spannen wir unseren Sehmuskel stark an; die Weitsicht entspannt den Muskel.

Gerade stundenlanges Arbeiten vor dem PC belastet die Augen sehr. Was kann dagegen helfen?

Schünemann: Zur Unterstützung bei trockenen, müden Augen können Augentropfen und Augensprays verwendet werden. Das künstliche Befeuchten kann dabei helfen, die Augen zu entspannen und konzentriertes Sehen zu erleichtern. Zudem können Brillen mit Blaulichtfilter mögliche Folgen langer Bildschirmzeit wie Augenschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche reduzieren. Eine effektive Entspannungsübung ist aber auch das sogenannte Fingertrommeln: Hierfür werden die Fingerkuppen beidseitig trommelnd von den Schläfen, über Wangen bis zum Kinn bewegt. Im Anschluss wird sanft auf die Partie unterhalb der Augen getrommelt, um danach wieder vom Kinn bis zur Stirn zu gelangen.

„Karotten sind gut für die Augen“ – dieser Mythos hält sich hartnäckig. Gibt es Lebensmittel, die unsere Augen stärken können?

Schünemann: Alles, was wir zu uns nehmen, wirkt sich auf den Körper und damit auch auf unsere Augen aus. So können beispielsweise auch Karotten (oder auch Kürbis, Grünkohl und Spinat) guttun – sie sind jedoch kein Wundermittel. Die genannten Lebensmittel enthalten Beta-Carotin, das der Körper in Vitamin A umwandelt. Dieses spielt insbesondere für das Sehen bei Dunkelheit eine entscheidende Rolle, da es dafür sorgt, dass die Netzhaut mehr Licht aufnehmen kann. Zudem ist Vitamin A wichtig für die Wachstumsprozesse vieler Zellen. Die meisten gesunden Menschen nehmen jedoch bereits über eine ausgewogene Ernährung genügend Vitamin A zu sich.

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