Iris Berben: Haben Sie eine „Bucket List“?

Was tun, wenn man womöglich nicht mehr lange zu leben hat? „Hanne“, gespielt von Iris Berben, lässt sich treiben und arbeitet gleichzeitig ihre „Bucket List“ ab. Wie die Schauspielerin selbst reagieren würde, verrät sie im Interview.

Im TV-Drama „Hanne“ (18.9., 20:15 Uhr, das Erste) bekommt die Titelfigur, eine pensionierte Chefsekretärin, eine verstörende Ansage vom Arzt. Was tun, bis die Laborwerte Gewissheit bringen? Hanne entscheidet sich, eine persönliche Liste abzuarbeiten… Der Film von Regisseur Dominik Graf (67, „Tatort – Aus der Tiefe der Zeit“) und Drehbuchautorin Beate Langmaack (61, „Blaubeerblau“) ist unterhaltsam erzählt und kurzweilig inszeniert. Und vor allem geht es nicht darum, die Tränendrüsen anzuregen, sondern – auch dank einer wohl dosierten Portion Humor – Herz und Hirn zu inspirieren.

Dass das gelingt, liegt sicher auch an Hauptdarstellerin Iris Berben (69, „Liebesjahre“). Wie sie selbst mit einer derart herausfordernden Situation umgehen würde und ob sie selbst eine sogenannte „Bucket List“, also Dinge, die man noch erleben will, hat, verrät sie im Interview. Dabei erklärt die Mutter von Filmproduzent Oliver Berben (48, „Parfum“, „Bier Royal“) auch, wie es ihrer Ansicht gelingen kann, das eigene Kind glücklich zu machen.

Ist „Hanne“ ein Frauenfilm?

Iris Berben: Ganz klar, nein. Denn das Thema betrifft Männer wie Frauen. Er stellt wichtige Fragen: Wie reagiert man, wenn man eine solche Diagnose gestellt bekommt? Hat man alles erlebt oder ist noch etwas offen auf der persönlichen Liste – sofern man eine solche hat?

Wären Sie jemand, der eine solche Liste abarbeiten würde?

Berben: Nein ganz bestimmt nicht, weil ich keine solche Liste habe. Ich bin jemand, der im Leben möglichst gar nichts auslässt und in jeder Hinsicht daran teilnimmt, auch da, wo es wehtut. Ich würde mir aber wünschen, dass ich gegebenenfalls auch so souverän und analytisch auf eine Diagnose reagieren würde wie Hanne im Film. Sie lässt sich treiben.

Es gibt ja auch weitaus weniger dramatische Themen, die man trotzdem erst zum Beispiel nach einem Wochenende lösen kann. Was machen Sie, um sich abzulenken?

Berben: Das stimmt, mir hilft die Analyse. Wenn ich zum Beispiel Angst vor etwas habe oder unsicher bin, analysiere ich ganz genau, was mich daran beunruhigt. Manchmal gibt es aber auch Themen, von denen man sich einfach ablenken muss. In solchen Fällen lese ich. Ich lese sehr gern und kann mich auch gut in Bücher vertiefen. Auf diese Weise versuche ich, zur Ruhe zu kommen. Generell versuche ich aber immer, einer Sache auf den Grund zu gehen, um damit umgehen zu können. Vor allem aber mache ich die Dinge erst mal mit mir selbst aus. Und wenn ich dann doch mal keine Antworten finde, bin ich froh, Menschen um mich zu haben, mit denen ich mich austauschen kann.

Auch ein gutes Stichwort. Eindrucksvoll dargestellt ist auch die Hilflosigkeit der anderen im Umgang mit Hannes Diagnose. Haben Sie einen Rat?

Berben: Darauf gibt es nicht immer eine leichte Antwort, denn es sind sehr individuelle Momente. Es ist ja nicht so, dass man einen Schalter umlegen kann und dann ist alles wieder gut. Manche Dinge brauchen Zeit, manche verursachen Schmerz und man muss sie lange ertragen. Man kann aber zeigen, dass man für den anderen da ist.

Der Film beginnt mit dem Abschied vom Job und dem Eintritt in den Ruhestand. Kann man den wirklich planen? Kenne Sie jemanden, der das gut hinbekommen hat?

Berben: Theoretisch bin ich seit fast fünf Jahren in Rente. Darüber habe ich aber überhaupt nicht nachgedacht. Ich kenne auch in meinem Umfeld kaum jemanden, für den das ein Thema war. Das liegt natürlich daran, dass ich in einem kreativen Beruf arbeite. Kreative Berufe haben mit dem Alter nicht so viel zu tun, denn da findet viel im Kopf statt und es kommt auf die eigene Leidenschaft an. Ich kann aber sehr gut verstehen, dass Menschen, die 40 oder 50 Jahre lang hart gearbeitet haben, nach dem Berufsleben Reisen machen, Bücher lesen oder ins Theater gehen wollen. Trotzdem würde ich immer auch versuchen, nicht allzu viel auf später zu verschieben.

In einem Kapitel im Film geht es darum, „einen Kater loszuwerden“. Was hilft Ihnen da persönlich?

Berben: Ich habe dann Kopfschmerzen, komme schwer hoch und schwöre – wie alle -, nie wieder einen Tropfen anzurühren. Manchen hilft es vielleicht, etwas Saures oder Scharfes zu essen. Ich bin eher diejenige, die zu Kopfschmerztabletten und sehr viel Wasser greift.

In einer Szene geben Sie Ihrem Filmsohn, gespielt von Trystan Pütter, diesen Erziehungstipp: „Macht dein Kind glücklich!“ Würden Sie den unterschreiben?

Berben: Das ist ein wunderbarer, grosser Satz, finde ich, weil ich weiss, was es bedeutet; ich habe einen 48-jährigen Sohn. Natürlich versucht man als Eltern, als Mutter, seinem Kind alle Möglichkeiten zu eröffnen, damit es ein glücklicher Mensch werden kann. Es muss aber nicht das Glück sein, was man selbst als Glück empfindet – da ist, glaube ich, die grosse Schwierigkeit daran. Man muss loslassen können und das Kind seinen eigenen Weg suchen lassen. Und auch das Scheitern ist dabei wichtig. Wir alle müssen scheitern, um zu wissen, wie sich das anfühlt. Das Leben stellt uns immer wieder vor Herausforderungen, mit denen wir nicht gerechnet haben. Mach dein Kind glücklich, bedeutet: Schafft eine Grundlage, dass es ein glückliches Leben führen kann.

So simpel wie beeindruckend ist die Episode mit der Hühnersuppe. Das Huhn wird geköpft, gerupft, ausgenommen… Wie war das für Sie?

Berben: Für Menschen, die in der Stadt leben, mag das überraschend sein. Die Leute, die auf dem Land leben, wissen aber immer noch ganz genau, wie es geht. Ich war früher oft auf dem Land bei meinen Grosseltern und kannte es so. Wenn man kein Vegetarier ist, ist genau das nun mal Teil des Lebens. Scheusslich finde ich es dagegen, wenn Tiere in Massen eingesperrt sind und maschinell getötet werden. So wie wir es im Film zeigen, ist es eigentlich der normale und richtige Weg.

Haben Sie schon mal ein Huhn gerupft und ausgenommen?

Berben: Das habe ich für den Film zum ersten Mal gemacht.

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