Bettina Wulff: Warum ihre Ehe scheiterte

Bettina Wulff erklärt in ihrem neuen Buch, warum die Trennung von ihrem Mann „unausweichlich“ war – und was ihr Autounfall damit zu tun hat.

Sie hat alle gesellschaftlichen Höhen erlebt, die dieses Land zu bieten hat. Bettina Wulff (46) war die Gattin des Ministerpräsidenten von Niedersachsen und anschliessend als Ehefrau des Bundespräsidenten die First Lady von Deutschland. In ihrem neuen Buch „Anders als gedacht: Wie ich lerne, was wirklich zählt“ (Droemer Knaur), das sie mit dem evangelisch-lutherischen Pastor und Theologen Heino Masemann (58), mit dem sie seit Jahren befreundet ist, verfasst hat, schreibt sie unter anderem, warum es zur endgültigen Trennung von Christian Wulff (60) gekommen ist.

„Die Karre gegen die Wand gefahren“

Es ist ein Buch über Gefühle, Empfindungen, über Gott und die Welt. Sogar ein banaler Suff-Unfall bekommt auf einmal einen höheren Sinn. Dazu schreibt sie: „Ich habe die Kurve nicht mehr bekommen und die Karre im wahrsten Sinne des Wortes gegen die Wand gefahren… Ich wurde auf null zurückgeworfen – und war selbst daran schuld.“ Nun sei endlich „die Zeit zum Innehalten“ gekommen. „Zeit, in meinem Leben aufzuräumen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen.“

Es war der 17. September 2018, „der Tag, an dem ich mir selber die Rote Karte gezeigt habe.“ Bettina Wulff war bei Freunden zum Grillen eingeladen. „Es war ein schönes Beisammensein, wir assen gemütlich im Garten und tranken dazu leckeren Wein. Mein Fussweg nach Hause war kurz.“

Zuhause stellte sie fest, dass noch einige Lebensmittel für das Frühstück am nächsten Tag fehlten. Also rein ins Auto und ab zum nächsten Supermarkt. Dass sie über zwei Promille Alkohol im Blut hatte, war ihr nicht klar. „Auf der Landstrasse huschte bei Tempo 70 plötzlich ein Schatten von rechts nach links über die Fahrbahn.“ Ein Reh? „Ich machte genau das, was man in dieser Situation nicht tun sollte, trat heftig auf die Bremse und wich nach rechts aus.“

Der Wagen geriet ins Schleudern und prallte an einen Baum. Totalschaden, doch Bettina Wulff hatte sich nicht verletzt. Sie „stieg aus, ging ein paar Schritte und rief die Polizei.“

Ein Unfall mit Folgen

Später kommt immer wieder die Frage auf: Warum ist ihr das passiert? „Ich fühlte mich innerlich fürchterlich zerrissen und unglücklich, weil ich wusste, dass ich bald eine schwerwiegende Entscheidung treffen musste. So ging es auf keinen Fall weiter […] Eigentlich war es an der Zeit, Themen zu klären. Schon das zweite Mal war meine Ehe gescheitert. Eine Trennung schien unvermeidlich […] Die Erkenntnis, dass ich den Schein nicht mehr lange aufrechterhalten konnte, war da. Mit all den Konsequenzen, die es für die Familie leider hatte.“

Weiter schreibt sie: „[…] Bei allem Schaden und Schrecken hatte es letztlich auch etwas Gutes, dass ich gegen den Baum geknallt bin: Ich bin dadurch im wahrsten Sinne des Wortes wachgerüttelt worden. Ich habe gemerkt, dass es nichts hilft, noch länger auf die Symptome zu starren, sondern, dass es an der Zeit ist, mich endlich um die Ursache zu kümmern. Und als ich spätabends nach dem Unfall zu Fuss nach Hause kam, beschloss ich: Mein Leben musste sofort ein anderes werden!“ Kurz darauf gaben die Wulffs bekannt, dass auch der zweite Ehe-Anlauf gescheitert war.

Notrufdienst für ratsuchende Frauen und Mütter

Ihr Mitautor Heino Masemann hat sie zum Notrufdienst für ratsuchende Frauen und Mütter gebracht. „Das war aufregend und beglückend! In den vergangenen Jahren haben wir mit dem Team Hunderte Mädchen und Frauen am Telefon beraten und mit ihnen gemeinsam nach passenden Lösungen für ihre Situation gesucht. Sie einfach erst einmal Luft holen lassen, um für sich selbst wieder klarer sehen zu können.“

Daneben verrät sie, dass sie als junges Mädchen unter ihren X-Beinen gelitten und ihre Mutter sie deswegen zum Ballettunterricht geschickt habe, was ihr grosser Bruder mit „Ah, Miss Piggy schwingt sich wieder durchs Weltall“ kommentierte. Schliesslich hatten die Eltern der 1,80 Meter grossen Bettina eingesehen, „dass ich beim Basketball trotz ärztlicher Empfehlung und mit X-Beinen besser aufgehoben war.“

Eine Dienstreise nach Südafrika

Kurz vor dem Abitur habe ihr „eine innere Stimme zugeraunt: Setze dich mit deinem Glauben intensiver auseinander. Das kann zu einem Beruf für dich werden.“

Bekanntlich hat sie dann doch nicht Theologie studiert, sondern Medienmanagement und angewandte Kommunikationsforschung, um PR-Dame beim Reifenkonzern Continental zu werden, wo sie bei einer Dienstreise nach Südafrika den damaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen kennenlernte und „absolut beeindruckt war“ von der „offenen, sympathischen Art, mit der Christian Wulff als Politiker agierte“. Irgendwann auf dieser Reise fragte Wulff nach ihrer Telefonnummer, „der Rest ist Geschichte“.

Sie war „fasziniert von der Klarheit und Zielstrebigkeit, mit der Christian mir zeigte, dass er mit mir zusammen sein wollte. Er hatte für sich eine Entscheidung getroffen und war bereit, dafür die Konsequenzen zu tragen. Unser Zusammensein sorgte für einigen Wirbel. Ein konservativer, katholischer Spitzenpolitiker trennt sich nach vielen Jahren Ehe, um mit einer jüngeren, alleinerziehenden Frau zusammenzuleben. Obwohl wir in einer recht offenen Gesellschaft leben, gab es einige Personen auf dem politischen Parkett, denen das überhaupt nicht gefiel […]“, erinnert sie sich.

Ein Leben in der Öffentlichkeit

Bettina Wulff beschreibt den „heftigen Druck“, dem das Paar von Anfang an ausgesetzt war.

„Natürlich hat das was mit mir gemacht. Eine Konsequenz war, dass ich damit begann, meine wahren Gefühle weniger zu zeigen. Meine Emotionen, jegliche Gefühlsregung bei öffentlichen Auftritten zu unterdrücken. Was ich wirklich dachte, für mich zu behalten. Früher war ich in dieser Hinsicht deutlich offenen gewesen. Nun versuchte ich aus Unsicherheit – wie ich wohl im Licht der Öffentlichkeit wirkte – mein Verhalten unter Kontrolle zu halten und meine Rolle an der Seite von Christian möglichst optimal auszufüllen. Ich wollte allen zeigen, dass ich dem öffentlichen Leben gewachsen war.“

Das sah dann so aus: „Wenn ich etwas irgendwie komisch fand, unterdrückte ich ein Lächeln. War mir eher zum Weinen zumute, fragte ich mich, ob ich das jetzt wirklich zeigen darf – und hielt die Tränen zurück. Das alles liess mich, im Nachhinein betrachtet, wohl ziemlich kühl und berechnend wirken, zwei Eigenschaften, die mir nach meinem Empfinden überhaupt nicht entsprechen.“

Ein Rat von Michelle Obama

Um dem Druck, allen Ansprüchen gerecht zu werden, habe sie sich selbst verbogen: „Der seelische Druck in meinem Inneren war irgendwann mindestens ebenso hoch wie der gefühlte Druck von aussen.“ Das galt auch für ihre Zeit als First Lady. Michelle Obama (56) habe ihr bei einem Treffen auf der amerikanischen Flugbasis Rammstein einen Rat gegeben.

„Ich solle immer versuchen, ein normales Familienleben aufrechtzuerhalten und vor allem die kleinen Rituale mit den Kindern pflegen. Das ehemalige US-Präsidentenpaar scheint dies auf eine liebevolle Art und Weise geschafft zu haben, denke ich, wenn ich ab und an Bilder der Familie sehe. Für mich war dieser Spagat wohl letztlich zu gross“, erinnert sich Wulff.

Sie habe sich angepasst und ihre eigenen Bedürfnisse eher zurückgesteckt. „Eine Weile lang ging das gut. Längere Zeit hatte ich die Hoffnung, dass es irgendwann sicher wieder anders werden würde und wir endlich mehr Zeit füreinander haben könnten. Aber es wurde nicht besser. Und nun merkte ich, dass ich nach und nach an meine Grenzen kam. Aus der Ernüchterung wuchs Enttäuschung. Über die gesamte Situation, ein Leben voller äusserer und innerer Zwänge. Auch über mich selbst, dem gesetzten Rahmen nicht mehr entsprechen zu können. Irgendwann stand für mich fest: So konnte und wollte ich auf Dauer nicht leben. Dazu kam das ungute Gefühl: ‚Ich kann es niemandem erzählen, wie ich mich gerade fühle‘. Dem Partner nicht, den Freunden nicht und der Familie sowieso nicht. Diese Spannung auszuhalten und dennoch zu funktionieren, war für mich sehr schwer.“

Schliesslich war es soweit: „Jeder Bogen ist irgendwann überspannt, dann ist der Bruch nicht mehr aufzuhalten. Die vielen Konflikte hatten Spuren hinterlassen. Die Trennung im Januar 2013 war aus meiner Sicht letztlich unausweichlich.“

Das neue Leben

Mittlerweile lebt sie mit ihrem Freund Jan-Henrik Behnken (48) zusammen. Er ist Musiklehrer und hat Wulffs Söhne unterrichtet. Und sie hat in dem Chor gesungen, den Behnken leitet. Da war Bettina Wulff gerade wieder mit ihrem Ehemann liiert. Ein Paar wurden sie und Behnken aber erst später. „Manchmal“ frage sie dieser Jan: „Wann fängst du endlich an, gnädig mit dir selbst zu sein?“ Sie habe sich viel vorgenommen, vor allem: „Ich will innerlich gelassener bleiben.“

In ihrem Buch schreibt Bettina Wulff viel von Gott und ihrer Gewissheit: „Gott lässt mich nicht allein und bringt mich durch alles.“ Momentan wachse bei ihr die Erkenntnis, „dass Gott vollkommene Liebe ist“.

Christian und Bettina Wulff heirateten im Jahr 2008. 2013 folgte die Trennung. Zwei Jahre danach hatten sie wieder zusammengefunden und kirchlich geheiratet. Ende Oktober 2018 war erneut Schluss: Der gemeinsame Rechtsanwalt Christian Schertz bestätigte damals der Deutschen Presse-Agentur die Trennung.

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