Brian De Palma wird 80: Der Hitchcock mit Hindernissen

Brian De Palma wird für seine Filme hochgelobt – oder in der Luft zerrissen. Am Freitag feiert der Regisseur, der uns „Scarface“ schenkte und „Mission to Mars“ aufhalste, seinen 80. Geburtstag.

Brian De Palma wird am 11. September 80 Jahre alt. Stolze 60 Jahre ist es her, dass er mit seinem ersten Kurzfilm „Icarus“ den Grundstein einer ebenso langen wie vielseitigen und erfolgreichen Karriere im Filmgeschäft setzte. Und das, obwohl sich De Palma an der Universität zunächst der Physik verschrieb.

Ein grosses, mitunter erreichtes Vorbild

Es kommt wohl kein Regisseur aus dem ernsten Filmfach umher, früher oder später Alfred Hitchcock (1899-1980) als grosses Vorbild zu benennen. De Palma machte Zeit seines Schaffens selbst nie einen Hehl daraus, weder in Interviews noch in seinen Filmen. In seinen Thrillern wie „Dressed to Kill“ (1980), „Der Tod kommt zweimal“ (1984) oder bereits 1976 in „Schwarzer Engel“ zitiert er freigiebig, manch Kritiker würde sagen schamlos, Klassiker des „Meister des Suspense“.

Auch thematisch orientiert sich De Palma gerne an Motiven eines Hitchcocks. Obsession, Beklemmung, Voyeurismus und, was so gut wie nie fehlen darf, ein Mord. Beste Voraussetzungen und wohl einer der Gründe dafür, dass er ausgerechnet mit der Verfilmung eines Buchs von Horror-Autor Stephen King (72) 1976 seinen Durchbruch feiern sollte. „Carrie“, im deutschen mit dem reisserischen Beinamen „Des Satans jüngste Tochter“ versehen, gilt als Meisterwerk des tiefgründigen Horrors und wurde – höchst ungewöhnlich für dieses Genre – mit zwei Oscar-Nominierungen bedacht („Beste Hauptdarstellerin“ und „Beste Nebendarstellerin“).

Das F-Wort und das O-Wort

Das fast drei Stunden lange, hochgradig brutale (Stichwort: Kettensäge) und mit Schimpfwörtern gespickte Gangster-Epos „Scarface“ (Drehbuch: Oliver Stone, 73) mit Al Pacino (80) als Titelheld festigte De Palmas Ruf als mutiger, hochveranlagter Filmemacher. Wie schon bei „Carrie“ arbeitete er darin eine tragische Charakterstudie heraus und liess sie in puren Gewaltexzessen letztendlich vergehen. Fun Fact: Das F-Wort fällt in „Scarface“ 207 Mal – also etwa alle 1,2 Minuten.

Für einen anderen Film, der sich mit dem organisierten Verbrechen beschäftigt, gab es derweil auch einen Oscar. Von vier Goldjungen, für die sein Kriminalfilm „The Untouchables – Die Unbestechlichen“ nominiert war, bekam ihn 1987 einzig Sean Connery (90) als „Bester Nebendarsteller“ verliehen. Den Golden Globe hatte er dafür zuvor ebenfalls einstreichen können.

Zwischen den Extremen

Brian De Palmas Werke polarisieren. Das ist beim bereits erwähnten „Der Tod kommt zweimal“ überdeutlich zu sehen, der einerseits vom angesehenen US-Filmkritiker Roger Ebert (1942-2013) hochgelobt wurde, andererseits De Palma auch eine Nominierung für die Goldene Himbeere als „Schlechtester Regisseur“ einbrachte. Zuweilen gab es aber auch keine zwei Meinungen über die mangelnde Qualität eines De-Palma-Films – an der Speerspitze der Kritik De Palma selbst.

Seinen Film „Fegefeuer der Eitelkeiten“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Tom Wolfe, zerriss er selbst in der Luft. Als unmöglich zu verfilmen, galt der Wälzer, „und ich habe bewiesen, dass das wohl stimmte“, so der Regisseur im Interview mit Charlie Rose (78). Ebenfalls wenig Gutes zu berichten, gibt es über seinen Sci-Fi-Film „Mission to Mars“ aus dem Jahr 2000, der an den Kinokassen wie bei den Kritikern gleichermassen durchfiel.

Eine Parallele zu James Cameron

Die durchweg hohe Güte seines übergrossen Vorbilds Hitchcock mag De Palma also nicht erreicht haben, in einem ist er der Regie-Legende aber voraus. An beinahe jedem Genre probierte er sich aus, von Horror („Carrie“) über Komödie („Wise Guys“) bis hin zu Kriegsdrama („Die Verdammten des Krieges“) und Science-Fiction („Mission to Mars“). Und mit einer anderen „Mission“ gab er gar den Startschuss für eine der erfolgreichsten Actionreihen aller Zeiten: 1996 schickte er Tom Cruise (58) erstmals auf eine „Mission: Impossible“, der ist als Ethan Hunt noch immer im Einsatz – Teil sieben wird gerade gedreht.

Übrigens: Auch mit Kollege James Cameron (66) verbindet De Palma eine Sache, die allerdings fern abseits der Kamera. Beide waren mit der Filmproduzentin Gale Anne Hurd (64) verheiratet, Cameron von 1984 bis 1989, De Palma von 1991 bis 1993. Mit ihr hat Letzterer ein gemeinsames Kind, ebenso wie mit seiner zweiten Ex-Frau, Darnell Gregorio-De Palma.

An die Rente denkt das Geburtstagskind trotz seiner nun 80 Jahre nach wie vor nicht. Zwei neue Filme, „Sweet Vengeance“ und „Catch and Kill“, befinden sich bereits in der Planung. Und wie die beiden Titel andeuten, weicht er bei beiden von seiner bis dato erfolgreichsten filmischen Marschroute nicht ab – Gewalt, Mord und Rache.

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