Supermarkt, Optiker und Co.: So hoch ist das Corona-Ansteckungsrisiko

Harter Lockdown hin oder her – um den Weg in den Supermarkt oder die Arbeit kommen wir nicht herum. Studien haben untersucht, wie gross die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus an öffentlichen Orten ist – mit oft überraschenden Ergebnissen.

Nachdem das Robert Koch-Institut (RKI) fast täglich einen neuen Rekord der Corona-Infektionszahlen meldete, wird das öffentliche Leben in Deutschland seit dem 16. Dezember weitestgehend heruntergefahren. Während Universitäten, Schulen und Kitas schliessen müssen, bleiben Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte und Apotheken, aber auch Optiker geöffnet. Wie hoch das Ansteckungsrisiko dort oder zum Beispiel im Öffentlichen Personennahverkehr ist, zeigen aktuelle Studien und Untersuchungen.

RKI: Geringe Corona-Gefahr im ÖPNV

Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Alltagsmasken tragen – kurz „AHA“, hat es auf Platz fünf der Liste „Wörter des Jahres 2020“ geschafft. Wen wundert’s, schliesslich begleiten uns diese Massnahmen schon fast das ganze Jahr, ebenso wie die Angst, uns mit dem Virus anzustecken. So dürfte sich wohl jeder, der in der U-Bahn in sein Taschentuch geschnäuzt oder in die Schutzmaske geniest hat, einen bösen Blick seiner Mitreisenden eingefangen haben.

Dazu besteht allerdings wenig Grund. Das RKI hatte Mitte September ein Viertel der bis Anfang August übermittelten gut 200.000 Infektionsfälle in Deutschland auf den Infektionsort hin untersucht. Ergebnis: Lediglich 0,2 Prozent der 55.000 Fälle infizierten sich nachweislich in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Wissenschaftler des Imperial College London haben untersucht, wie hoch das Risiko ist, sich beim Berühren von Griffen und Fahrscheinautomaten oder in überfüllten Zügen anzustecken. Dafür wurden über einen Zeitraum von vier Monaten Proben der Luft und von Oberflächen in Londons Bussen und U-Bahnen genommen. Die Ergebnisse für Oktober: Die Forscher konnten keine Spuren des Coronavirus nachweisen. Vorsicht ist trotzdem geboten. Denn das Coronavirus kann laut der australischen Wissenschaftsbehörde Csiro auf glatten Oberflächen wie etwa bei Bankautomaten bis zu 28 Tage überleben.

Supermarkt als Superspreader?

Für Aufatmen dürfte daher die Nachricht des Bundesinstituts für Risikobewertung sorgen, wonach es bislang keine Fälle gibt, bei denen nachgewiesen wurde, dass das Coronavirus durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen und Oberflächen auf Menschen übertragen wurde und es zu Infektionen kam. Vielmehr erfolgt der Hauptübertragungsweg für SARS-CoV-2 über das Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen. Weniger rosig sieht die Ansteckungslage in den rund 35.000 Lebensmittelläden in Deutschland aus, besonders für Mitarbeiter.

Arbeits- und Umweltmediziner der Harvard University in Boston veröffentlichten Ende Oktober eine Studie, nach der 20 Prozent des Personals eines Supermarkts mit mehr als 100 Mitarbeitern mit Corona infiziert war. Die Tests von Verkäufern mit direktem Kundenkontakt fielen fünfmal häufiger positiv aus als bei Mitarbeitern mit administrativen Aufgaben. Ein ähnliches Bild zeichnet eine Studie der britischen Gesundheitsbehörde (Public Health England). Analysiert wurden Daten von fast 130.000 Menschen, die sich zwischen dem 05. und 09. November mit dem Coronavirus infiziert hatten. 18,3 Prozent davon hatten demnach zuvor einen Supermarkt besucht oder arbeiteten dort.

Doch nicht nur Supermärkte, auch Hörakustiker oder Optiker bleiben während des zweiten Lockdowns aus gutem Grund geöffnet. Gerade bei den beiden letztgenannten könnte man meinen, dass das Ansteckungsrisiko durch den engen Kontakt – etwa bei Anpassung von Brillen oder Hörgeräten – erhöht ist. Eine Untersuchung im Auftrag der Fielmann AG zeichnet jedoch ein anders Bild.

Das Unternehmen hatte bereits zum Beginn der Pandemie den Leiter des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit in Bonn, Prof. Dr. Martin Exner, beauftragt, Hygieneregeln für einen sicheren Betrieb zu definieren. Ein halbes Jahr später hat Exner die Umsetzung und Wirksamkeit der Massnahmen überprüft und hierfür alle bisherigen Erkrankungsfälle unter den Fielmann-Mitarbeitern untersucht. Ergebnis: Die Infektionsrate des Personals lag im Herbst (0,11%) deutlich unter dem bundesdeutschen Schnitt (0,43%) und auch unter den Werten des Frühjahrs. Dies sei ein „klares Zeichnen dafür, dass die umgesetzten Hygieneregeln effektiv vor einer Ansteckung schützen“, so Exners Fazit.

Studie: Eine Maske senkt das Infektionsrisiko um die Hälfte

Den ein oder anderen wird der Weg, abseits von Corona, auch in die Apotheke führen, schliesslich ist Winterzeit auch Erkältungszeit. Klar, dass man zwischen all den Niesern und Hustern gleich Corona vermutet. Als Kunde muss man sich trotzdem weniger Gedanken um eine Infektion machen. Öfter betroffen sind Angehörige des Gesundheitswesens selbst, wie eben Apotheker oder Ärzte. Dies ist das Ergebnis einer britischen Studie, die kürzlich im Fachblatt „Occupational & Environmental Medicine“ veröffentlicht wurde. Demzufolge erkrankten Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte und Rettungssanitäter siebenmal häufiger an Covid-19 als andere Berufsgruppen – nicht jedoch die Kunden.

Egal wohin einen der Weg führt: Ob mit der Bahn in die Arbeit, mit dem Auto zum Supermarkt oder zu Fuss zum Optiker um die Ecke – auf einen Mund-Nasen-Schutz sollte man nie verzichten, denn der verringert das Corona-Infektionsrisiko um fast die Hälfte (rund 45 Prozent). Auch das belegt, einmal mehr, eine Studie.

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