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Jeder kennt sie, nicht nur in ihrer amerikanischen Heimat: Nun feiert Talklegende Oprah Winfrey ihren 70. Geburtstag. Darum ist sie seit Jahrzehnten eine Institution.
Sie ist die Grösste. Das klingt selbst in den USA, dem Land der Superlative, reichlich abgedroschen, doch in diesem Fall trifft es zu: Die 1,69 Meter grosse Oprah Winfrey ist die Frau mit dem grössten Wirkungsgrad in Amerika.
Sie ist „ein Phänomen“, staunte die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) schon vor Jahren. In Deutschland könne man sich „ihren Einfluss auf Amerikas Bewusstsein kaum vorstellen“, weil hierzulande keine Frau „auch nur annähernd über die Starpower“ verfüge, mit der Winfrey „mit Leichtigkeit“ in den USA gebiete.
Mit ihrer kulturellen, politischen und auch ganz alltäglichen Performance beherrscht sie seit einer gefühlten Ewigkeit die US-Öffentlichkeit. Seit Jahrzehnten ist sie die fast allmächtige Queen aller Talkshows, lautet das Urteil der internationalen Medien in seltener Einigkeit. Sie ist klug und clever, attraktiv und gebildet, einfühlsam und überzeugend. Obendrein ist sie steinreich. Am 29. Januar wird Oprah Winfrey 70 Jahre alt.
Ihr Name war ein Tippfehler
Ihr märchenhafter Werdegang ist eine der Bilderbuchgeschichten aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, denn sie stammt aus einfachsten Verhältnissen und wurde in Kosciusko im US-Bundesstaat Mississippi als uneheliches Kind minderjähriger Eltern geboren. In ihrer Geburtsurkunde sollte eigentlich der altbiblische Name Orpah (aus dem Buch Rut) stehen, doch auf dem Standesamt hat man sich verschrieben und aus Orpah wurde Oprah.
Im Alter von neun Jahren wurde sie erstmals von einem 19-jährigen Cousin missbraucht. Von da an musste das Kind sexuelle Gewalt über sich ergehen lassen, von ihrem Onkel, dem Cousin und einem Freund der Familie. Dieses Drama überforderte ihre junge Mutter und Grossmutter, bei denen sie aufwuchs. Mit 14 wurde sie schwanger, das Kind starb kurz nach der Geburt.
Für Oprah war das alles viel zu viel: Bereits als Jugendliche verfiel sie der Esssucht, dem Alkohol und den Drogen. Als sie versuchte, aus ihrem trostlosen Zuhause zu fliehen, schickten die überforderten Mutter und Grossmutter das Mädchen zum Vater nach Nashville, Tennessee. Bei ihm wendete sich ihr Schicksal zum Besseren.
Später sagte sie: „Hätte ich Milwaukee nie verlassen, wäre alles anders gewesen.“ Sie wäre dann tatsächlich im Alter von 56 Jahren gestorben, wie sie lange befürchtet hatte. „Ich glaube, ich hätte 216 Kilo gewogen, ich glaube, ich hätte Diabetes und hohen Blutdruck gehabt. Und ich wäre an dem Gedanken erstickt, dass die Dinge hätten anders laufen können…“
So kam Oprah ins Fernsehen
Beim strengen Vater wurde sie eine erstklassige und sehr disziplinierte Schülerin, er gab ihr Selbstvertrauen. Schliesslich studierte sie mithilfe eines Stipendiums an der Tennessee State University Kommunikationswissenschaften, Schauspiel und Rhetorik. Und weil sie zuvor bei einem Schönheitswettbewerb auch mit ihrer angenehmen kräftigen Stimme aufgefallen war, jobbte sie nebenbei erst bei einem kleinen Radiosender, dann bei einer lokalen Fernsehstation als Nachrichtensprecherin, später als Reporterin und Co-Moderatorin. Damit war ihr beruflicher Lebensweg vorgezeichnet: „Für mich war Reden so einfach wie Atmen.“
Nach einer Station als Nachrichtenmoderatorin in Baltimore (Maryland) wechselte sie 1983 zum Sender WSL-TV nach Chicago und wurde Moderatorin der Morgentalkshow „AM Chicago“. Ihr Erfolg war grandios, so dass die Sendung in „The Oprah Winfrey Show“ umbenannt wurde, auf vielen TV-Sendern lief und schliesslich nur noch „Oprah“ hiess.
Winfrey thematisierte in ihrer Sendung nicht nur Unterhaltungsthemen, sondern auch schwere Kost wie Armut, Drogensucht oder sexuellen Kindesmissbrauch.
In den 1990er-Jahren kam „Oprah’s Book Club“ dazu, in dem Autoren ihre Bücher vorstellten. Ein Auftritt bei ihr war geradezu die Garantie für einen Bestseller, unter anderem pushte sie die Autobiographie von Ex-Präsident Bill Clinton (77).
„Oprah“ wurde die mit Abstand erfolgreichste Talksendung nicht nur des amerikanischen Fernsehens. Sie wurde wöchentlich von bis zu 21 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern in 105 Ländern gesehen. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ wählte sie zur „einflussreichsten Prominenten“.
Oprah Winfrey gründet ihr eigenes Medienimperium
2011 war dann Schluss – und Oprah Winfrey gab jetzt erst richtig Gas. Sie gründete ihren eigenen Pay-TV-Sender OWN (Oprah Winfrey Network) mit Talkshows zu Themen wie Gesundheit, Geld, Psychologie sowie mit Koch- und Reality-Shows. Ausserdem gründete sie den TV-Sender „Oxygen“. Mittlerweile gehören ihr ausserdem eine Produktionsfirma sowie mehrere Zeitschriften, unter anderem das Magazin „O and O at Home“.
Im Zentrum ihres Medienimperiums steht seit 2012 die eigene Show „Oprah’s Next Chapter“, die 2021 mit der Sendung „Meghan und Harry bei Oprah – Das Interview“ einen Quotenhit landete, der ausser den USA und Grossbritannien in 67 weiteren Ländern ausgestrahlt wurde.
Zwischendurch produzierte Oprah Winfrey mehrere Spielfilme wie „Menschenkind“ oder „The Wedding“ und war immer wieder auch als Schauspielerin zu sehen. Für ihre Rolle in „Die Farbe Lila“ (1985) wurde sie sogar für den Oscar als beste Nebendarstellerin nominiert.
Sie ist Milliardärin und spendet viel
Oprah Winfrey gilt als eine der cleversten Geschäftsfrauen in den USA und war die erste schwarze Milliardärin. Ihr Vermögen – unter anderem hält sie acht Prozent am Unternehmen Weight Watchers – wird auf 2,8 Milliarden Dollar (etwa 2,6 Mrd. Euro) geschätzt.
Andererseits wird sie für ihre Freigiebigkeit und ihr soziales Engagement verehrt, denn Oprah Winfrey gilt als eine der spendabelsten Philanthropen. Allein 2005 soll sie nach Schätzungen des Magazins „Business Week“ 300 Millionen Dollar (etwa 276 Mio. Euro) gespendet haben.
Die Talk-Ikone ist eine unerschrockene Kämpferin für die Gleichberechtigung, benachteiligte Kinder und gegen Rassismus. Als sie 2018 bei den Golden Globes mit dem „Cecil B. deMille Award“ für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde, hielt sie eine fulminante Rede, nach der in den USA ein regelrechtes Oprah-Winfrey-Fieber ausbrach. Umfragen zufolge hätten sie die meisten Amerikaner gern als Präsidentin gesehen.
Die berühmte Schauspielerin Meryl Streep (74) forderte sogar: „Ich will, dass sie antritt. Sie hat keine andere Wahl mehr.“ Seither gibt es immer wieder Stimmen, die ihre Kandidatur einfordern.
Doch Oprah Winfrey, die seit 1986 mit dem Unternehmer Stedman Graham (72) liiert ist und keine Kinder hat, hat dem eine unmissverständliche Absage erteilt. Sie könne nicht in den politischen Strukturen mit „all den Unwahrheiten, dem Schwachsinn, dem Mist, der Garstigkeit, dem zweifelhaften Hinterzimmer-Kram“ existieren, sagte sie in einem Interview mit der „Vogue“. Mehr noch: „Es ist kein sauberes Geschäft. Es würde mich töten.“